Platten waschen

Service: Vinyl-Reinigung

STEREOs Praxis-Tipp zum Plattenwaschen

Das Waschen von Schallplatten holt nicht nur den Schmutz aus der Rille, hinterher klingt es auch besser. STEREO ­erklärt, wie man es macht und was es kostet.

| Matthias Böde

Unter „waschechten“ Analog-Fans zählt eine gute Plattenwaschmaschine beinahe zur Grundausstattung. Und längst nicht nur bei solchen, die sich aus dem Secondhand-Angebot bedienen, wo viele Scheiben dringend einer Reinigung bedürfen. Nein, auch neuere und eigentlich geschonte, also nicht im Party-Betrieb als Unterlage für ­Cola-Gläser genutzte LPs und Singles, denen man es nicht anhört, profitieren davon, klingen hernach gerade in den Stimmen sowie im Bereich der Höhen geschmeidiger wie unverzerrter. Dies liegt womöglich daran, dass vorgefertigte Reinigungstinkturen oder auch selbst mit ein, zwei Tropfen Geschirrspülmittel angemischte nach dem Trocknen die Reibung zwischen der Rillenflanke und der Diamantnadel des Tonabnehmers herabsetzen.

Und Plattenwaschen muss gar nicht teuer sein. Wer Handarbeit nicht scheut, kann bei Knostis bewährtem „Disco-Antistat“-System einsteigen. Dabei wird die Scheibe manuell durch ein Bassin gezogen, wobei ihre Seiten an Bürsten aus Ziegenhaar vorbeilaufen, die tief in die Rille greifen. Danach wandert sie zum Trocknen in einen Ständer. Die mitgelieferte Flüssigkeit kann gefiltert und mehrfach verwendet werden. Ein Pflege-Set samt allem Zubehör startet bei knapp 80 Euro. Besser ausgestattete sowie mit hochwertigerer „Ultraclean“-Flüssigkeit gelieferte kosten 100 oder 130 Euro. Ein Tipp für sparsame Vinylisten.

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Pro-Jects VC-S3
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Disco-Antistat
Clearaudios Double Matrix Professional Soni

So richtig los geht es dann ab 400 bis 500 Euro mit einer „echten“, soll heißen elektrisch angetriebenen sowie mit einer Absaugvorrichtung für die Flüssigkeit versehenen Plattenwaschmaschine. Die kommen dann etwa von Pro-Ject oder Okki Nokki, wo nach zwischenzeitlichen Problemen jüngsten Informationen zufolge die Produktion wieder anläuft. Bei diesen kommt die Platte auf einen Teller und wird dort fixiert. Dann trägt man die Flüssigkeit auf. Ob nun Eigenmix oder nach Herstellerangabe mit destilliertem Wasser verlängertes vorgefertigtes Konzentrat: Wir verwenden dazu gern eine Schwanenhals- oder Sprühflasche, die es in der Apotheke respektive im Hobbymarkt für wenige Euro gibt

„Porentiefe“ Reinigung

Mit einer Bürste verteilt man die Flüssigkeit und säubert die Scheibe, indem man diese unter sanftem Druck einige Umdrehungen unter dieser weglaufen lässt. Die Zeit der Prozedur richtet sich nicht zuletzt nach dem Grad der Verschmutzung. Dann wird die Absaugvorrichtung eingeschwenkt, die nach dem Einschalten der Pumpe die Tinktur samt Dreck von der Platte in einen internen Behälter zieht. Das dauert nur einige Sekunden. Danach ist die Platte sofort abspielbereit. Selbst knack- und störungsfrei laufende und somit vermeintlich saubere, jedoch oft gespielte Exemplare tönen auf einmal detaillierter und facettenreicher. Vielleicht, weil nun Mikromodulationen für die Abtastnadel zugänglich sind, die zuvor etwa durch feinste Partikel aus dem Vinylabrieb zugesetzt waren.

Grundsätzlich ist der Prozess damit vollauf beschrieben. Tatsächlich aber existieren – wie ja überall in Hi-Fi – zahlreiche Spezialtipps und alternative Methoden. Es gibt Hörer, die auf eine bürstenlose Reinigung im Ultraschallbad schwören oder gar auf eine kombinierte Prozedur. Keith Monks erfand einst die Reinigung per Faden, Rezepte für vermeintlich besonders effektive und/oder klangstarke Mixe machen die Runde bis hin zum alkoholfreien „Wunderelixier“ von L‘Art du Son, dem zuweilen geradezu magische Wirkung zugeschrieben wird. Fans hat auch „Disco­film“, eine klebrige Masse, die auf die Platte geschmiert wird und nach dem Trocknen abgezogen werden kann, wobei der Schmutz im Film hängen bleibt.

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Typischer Waschgang - Stufe 1
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Typischer Waschgang - Stufe 2
Typischer Waschgang - Stufe 3

Was den Ablauf selbst betrifft, geht es vor allem auch um den Komfort beim Waschen. Das gipfelt dann zum Beispiel in Clear­audios „Luxusvollautomaten“ Double Matrix Professional Sonic für satte 5.000 Euro, der auf Knopfdruck selbsttätig alles macht: Vor- und Hauptwäsche in beiden Richtungen sowie sogar für beide Plattenseiten gleichzeitig. Getrocknet wird in gleicher Weise. Die große Zentralklemme mit umlaufender Gummilippe verhindert dabei, dass das Label feucht wird. Manuell geht es auch. Aber letztlich gewöhnt man sich schnell an die Annehmlichkeit und lässt sich „rundum“ bedienen.

Angebote von einfach bis Luxus

Alle anderen Maschinen liegen zwischen diesen Polen, nehmen ihrem Besitzer mal mehr, mal weniger Arbeit ab, wobei zugleich erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Lärmentwicklung existieren. Manche Absaugpumpen erzeugen nämlich ordentlich Krach; Ultraschallgeräte sind stiller. Empfindliche Ohren sollten diesen Punkt vor dem Kauf checken. Aber danach laufen die geputzten Platten eben umso „leiser“ …

Bevor Sie sich nun selbst Isopropylalkohol aus der Apotheke im Verhältnis 70:30 mit destilliertem Wasser anmischen, wollen Sie sich von der Effektivität des Plattenwaschens überzeugen? Dann fragen Sie doch einfach mal in Ihrem Hi-Fi-Studio nach. Viele Händler bieten nämlich einen Vinyl-Waschservice für wenig Geld an. Perfekt zum Ausprobieren oder für Hörer, die nur wenige Schallplatten besitzen.

Wer daraufhin dann tiefer in die Materie eintauchen möchte, wird schnell feststellen: „Schallplattenwaschen“ klingt zuerst nach dröger Tätigkeit, doch dahinter verbergen sich Spaß an der Sache sowie eine bunte und vielfältige Szene.

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