Beatles Vinyl

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Rezension: Remix von rotem und blauem Album der Beatles auf Vinyl

Beatles-Sampler in neuem Anstrich: Zum 50. Jubiläum erscheinen das „rote“ und „blaue“ Album der Beatles plus Zugaben neu gemixt. Unser Oldies-Spezialist hörte sich die Dreier-LP-Sets an.

| Franz Schöler

 

Er habe, erklärte Produzent Giles Martin ganz stolz, nie geglaubt, dass er die frühen Beatles-Aufnahmen durch De- und Remixing so „thundering“ klingen lassen könnte. Genau das ist allerdings der gravierende Schwachpunkt einiger der drei Dutzend unter den 75 Aufnahmen, die jetzt als Remixes veröffentlicht wurden. Bei „I Want To Hold Your Hand“ etwa mischte Kollege Sam Okell die Bassdrum schlicht zu laut ab, bei „I Saw Her Standing There“ die Snaredrum. Die Debütsingle „Love Me Do“ – Instrumente und Gesang isoliert digital aus dem Mono-Original eingelesen – in archaischem Ping-Pong-Stereo der frühen 1960er-Jahre zu produzieren, ist ein nostalgischer Scherz. Wie bei den LP-Remixes der letzten Jahre nahmen Produzent und Tonmeister zahlreiche Änderungen vor. Noch 2009 wurden vor dem Remastering manche Fehler der frühen Mixes überhaupt nicht ausgemerzt!

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Der Remix von „Please Please Me“ steht exemplarisch für ihre Marotte, McCartney am Bass überaus prominent abzumischen. Die frühe Klasse von George Harrison kommt beim Solo im stereofon gemischten „I Saw Her Standing There“ richtig zur Geltung. Vor allem die Gesangsspuren profitieren meist deutlich von den neuen Abmischungen. In der ist „She Loves You“ auch im Stereo-Remix weiterhin die so ziemlich schlechteste aller frühen Beatles-Aufnahmen. Bei der Coverversion von „You Really Got A Hold of Me“ war offenbar ein so hervorragendes Multi­track-Original verfügbar, dass der Remix mit der fabelhaften Live-Präsenz des Sängerterzetts zu den besten der frühen Beatles gehört.

Die neue Klangqualität von „A Hard Day‘s Night“ erinnert daran, dass von dieser LP genauso wie von „Rubber Soul“ ein erstklassiger Remix überfällig ist. Ziemlich verhunzt wurden „I Feel Fine“ und „Eight Days A Week“ mit absurd in den Hintergrund (!) gemischten Stimmen und wenig präsenten Instrumenten. Dank des Gegenteils — der Sänger wurde klar und präzise in den Vordergrund gemischt – klingt „Yesterday“ besser denn je.

„Help!“ ist einmal mehr typisch für die Schrulle, McCartneys Bass dominant, aber leicht verschwommen und dröhnend abzumischen. Noch unangenehmer fällt dies bei „We Can Work It Out“ auf. Die Gesangsspuren der Aufnahmen von „Rubber Soul“ sind indes hervorragend abgemischt – nette Preview auf den Remix der LP. „Paperback Writer“ und die sieben Songs von „Revolver“ sind mit denen des Box-Sets vom Oktober 2022 identisch. „Hey Bulldog“ und „Old Brown Shoe“ sind zwei klanglich ganz formidable unter den 21 „Zugaben“ der neuen Drei-LP-Editionen (inklusive der „neuen“ Single „Now And Then“). Auch „Strawberry Fields For­ever“ tönt in der neuesten Abmischung unvermutet um Klassen besser als der Remix von 2015!

Drastischer als alles wurde „I Am The Walrus“ modifiziert: Ursprünglich spielte die Musik ab 2:00 als Mono-Mix anderthalb Minuten lang nur im rechten Kanal! In der Ausgabe von 2009 erschien die Mono-Spur mittig. Den brandneuen Remix produzierte man nun endlich doch komplett stereofon. Die neue Version ist klanglich eine Offenbarung, in der Coda ab 3:25 einzelne Instrumente noch besser hörbar. Erstmals in richtig modernem Stereo wurde auch „Magical Mystery Tour“ produziert.

Die Aufnahmen des „Roten Albums“ überspielte man exzellent 1:1 mit erfreulich hohem Pegel für das Vinylset. Aufgrund der Laufzeit von bis zu fast 27 Minuten pro LP-Seite wurde beim „Blauen Album“ ein weit niedrigerer Pegel gewählt. Gesamtfazit: Bei diesen Dreier-Vinyl-Reissues gibt‘s viel Licht, aber auch ein wenig Schatten.


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