Wie sich seine Einstellung zu Mord und Gott, Verzweiflung und Hoffnung auf Erlösung änderte, bekennt Cave gleich zu Beginn nicht nur im Subtext des ersten Songs „Hand Of God“, mit Streichern und Chören inszeniert wie ein Mysterienspiel über ein biblisches „kingdom in the sky“ – von demselben Cave übrigens, der in „The Boatman’s Call“ noch bekennender Atheist war!
Zu Beginn von „White Elephant“ erzählt Cave von einem mordlüsternen Jäger (inspiriert vom Polizistenmord an George Floyd in Minneapolis), nur um in einer minutenlangen Coda einen Gospelchor die Hoffnung auf Erlösung in einem himmlischen Königreich besingen zu lassen.
Extreme Gefühle und apokalyptische Visionen waren Cave nie fremd, und die hat Warren Ellis, lange Jahre sein „musical director“ bei Konzerten und Co-Autor bei fast einem Dutzend Filmsoundtracks, in so gefühlvollem Überschwang arrangiert wie Caves Liebeslieder an die Adresse seiner Ehefrau. Das Duo geniert sich nicht, Songs wie „Shattered Ground“ als Kino der ganz großen Gefühle zu inszenieren, und in „Balcony Man“ imaginiert sich Cave als Fred Astaire, der tanzend einst die Schwerkraft überwand – auch das eine Liebeserklärung an seine Frau.
Franz Schöler