Dieses dreht sich um Verlust, um Orientierungslosigkeit und die Sehnsucht nach Heimat. Man hört, da ist eine einsame Seele auf der Suche. Atmosphärisch erinnert das an Springsteens legendäres „Nebraska“-Album, aber auch an gebrochene Folk-Gestalten wie Townes Van Zandt oder Simon Bonney von Crime & The City Solution: alles große Meister der Melancholie, der Zeitlupe und der Kunst, mit minimalen Mitteln ein Meer an Emotionen anbranden zu lassen. Wenn Chris Eckman mit eindringlichem Sprechgesang seine sieben Kurzgeschichten erzählt – er selbst sieht eine Parallele zu den inneren Monologen des depressiven Schriftstellers Samuel Beckett –, dann läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken. Ob „Early Snow“, „Drinking In America“ oder „Cabin Fever“ – auf diesem Album regiert Schwermut und Verzweiflung an der Grenze zum Wahnsinn: „Cabin fever, said I’d leave here, but I was already gone, already gone. Cabin fever, tried so many times, wakin’ up in the dark, to be leavin’ by dawn.“ Puh!
Doch was wäre seine großartige Stimme ohne die kongeniale Begleitung? Eine gestreichelte akustische Gitarre ist sein treuer Kompagnon, aber auch Keyboards, eine Pedal-Steel-Gitarre oder ein Cello wimmern nebelverhangen im Hintergrund, während hin und wieder ein in sich versunkener Drummer einen schlurfenden Beat beisteuert. Man sollte nicht in Hetze sein, wenn man in dieses sprichwörtlich schwarze, aber ungemein fesselnde Neofolk-Album eintaucht.
Peter Bickel