WiiM Ultra im Test: Top-Streamer mit niedrigem Preis?
WiiM stellt sein Streamer-Flaggschiff Ultra vor, das zum günstigen Preis und im kleinen Gehäuse abolute Hochleistung bieten soll, funktional und klanglich. Was genau kann die kleine Wundertüte wirklich?

Nicht lange ist es her, da war WiiM ein gänzlich unbekannter Name. Die Marke der Firma Linkplay hat es aber in kürzester Zeit geschafft, sich einen festen Platz im HiFi-Kosmos zu sichern, und das mit einem einfachen Konzept: simple (Streaming-)Komponenten bauen, die für ihren niedrigen Kostenpunkt enorm viele Features bieten. Uns haben sowohl der Netzwerkplayer „Pro Plus“ als auch der Streaming-Verstärker „Amp“ nachhaltig beeindruckt. Für einen etwas höheren Preis finden sich Geräte, die WiiM vor allem in Design und Klang ausstechen – aber die kompakten Streamer sind einfach unverschämt günstig für HiFi-Standards. Das gilt auch für das Subjekt dieses Tests: den WiiM Ultra, der erstmals auf der High End 2024 zusammen mit dem neuen Verstärker Amp Plus gezeigt wurde.

Passend zu seinem Namen ist er das aktuelle Flaggschiff des WiiM-Streamer-Portfolios; ein Netzwerkplayer, der das ausgefeilte Digitalsystem der Firma mit unzähligen weiteren Funktionen kombinieren will. Die Firma nennt ihn gar „digitales Hub“. Was mit diesem Anspruch gemeint ist, wird klar, wenn man seine Features auf dem Papier sieht: HiRes-Streaming, deaktivierbarer (digitaler) Vorverstärker, zahlreiche Eingänge inklusive HDMI und Phono (!), Touchscreen-Display, Kopfhörerausgang, und, und, und …
WiiM Ultra im Test: hochwertige Bauteile
Die knapp 400 Euro auf dem Preisschild kann man, gemessen an üblichen HiFi-Parametern, kaum erklären. Simple Gehäuse, einheitliche Bauteile und hohe Stückzahlen wären schon mal ein paar Ansätze. Als Spekulation könnte man weiter vermuten, dass WiiM kaum Gewinn macht, um den Namen bekannt zu machen – oder aber, dass es bei den verbauten Komponenten an der Qualität mangelt. Letzteres können wir jedoch (zumindest zum Teil) ausschließen, der eingesetzte DAC-Chip ES9038Q2M von ESS etwa ist hochwertig und wird auch in teureren Streamern eingesetzt, beim Kopfhörer-Amp verlässt man sich ebenfalls auf einen guten Zulieferer, Texas Instruments.

Ein großer Teil des Erfolgs von WiiM entstammt dem runden und vielfältigen Digital-System, das den Streamern innewohnt. Hier schöpft die Mutterfirma Linkplay aus langer Erfahrung als OEM-Hersteller und gewährt WiiM ein riesiges Paket an Streaming-Ausstattung, zusammen mit einem ausgereiften Bedienkonzept. Die Kapazitäten beim Hersteller scheinen groß, sodass es am laufenden Band kleine und große, kostenlose Updates gibt – wie eine Raumkorrektur, Verbesserungen für den Equalizer oder die Qobuz-Nutzung in der App.
Was macht die WiiM-Geräte so gut? Die App!
Die WiiM-„Home“-App als digitale Zentrale ist einfach in so ziemlich jedem Parameter gut, vielleicht abgesehen von der in kleinen Teilen fehlenden deutschen Übersetzung. Der Aufbau ist simpel, die meisten Funktionen – Eingangswahl, Settings, Klangregelung etc. – nur wenige Klicks entfernt, und die App läuft bei uns stets flüssig.
Dazu kommt eine hervorragende digitale Ausstattung, sodass man über die App direkt von Amazon Music, Deezer, Qobuz und mehr streamen kann, sowie per Spotify Connect, Tidal Connect, Bluetooth und Google Chromecast. Mit UPnP/DLNA gibt es Zugriff auf Heimserver, auch Internetradio findet sich natürlich im WiiM-Kosmos. Unter anderem per Google, Alexa, Roon oder mit anderen WiiM-Geräten gibt’s dann auch Multiroom.

Einen Abstrich müssen Kunden beim Neuling aber auch machen: der WiiM Ultra, genau wie der ebenfalls neue Amp Pro, hat kein Airplay, wie es die anderen Geräte des Herstellers bieten. Die offizielle Begründung ist, dass Airplay keine hochaufgelöste Musik überträgt und es deswegen keinen Sinn ergäbe, es einzubauen. Das Gleiche könnte man über Bluetooth oder Spotify sagen und die Vermutung äußern, dass man sich hier die Lizenzkosten sparen wollte, aber sei’s drum. Das Fehlen von Airplay ist für iPhone- und Apple-Music-Nutzer schade, aber im Vergleich etwa zu den offeneren Protokollen Google Cast und UPnP/DLNA am wenigsten schlimm.
Von Phono bis Subwoofer: Viele Anschlüsse
Auf dem WiiM-typisch etwas engem Anschlussfeld liegen zudem noch eine ganze Riege an Anschlüssen, von denen der analoge Ausgang und die digitalen In- (optisch) und Outputs (optisch, koaxial) zum Standard gehören. Neu für WiiM-Streamer ist der HDMI-Eingang sowie ein USB-Slot. Damit lassen sich Fernseher respektive Datenträger schnell anschließen, beides fast schon ein Muss, wenn ein Gerät eine „Steuerzentrale“ sein will.
Ungewöhnlicher, aber trotzdem praktisch, ist der Subwoofer-Ausgang, dessen Parameter in der App angepasst werden können. Das gilt übrigens für alle Eingänge, bei denen etwa Lautstärke und Auflösung jeweils einzeln eingestellt werden können. Somit auch beim analogen Cinch-Eingang, den es auch gibt.
Zuletzt staunen wir nicht schlecht über einen Phono-Eingang – denn der Streamer hat einen Phono-Vorverstärker (MM und MC) eingebaut. Damit kann alles von Plattenspieler über TV bis Streaming über den WiiM kontrolliert werden, der dann direkt etwa an Aktivboxen angeschlossen werden kann – eine wirklich komplette Steuerzentrale für alle Quellen eben.

Wobei wir so ehrlich sein müssen, zuzugeben, dass die meisten mit dem WiiM verbundenen Plattenspieler vermutlich über einen eigenen Phono-Pre verfügen. Und diese sind vermutlich meist besser. Während der komplette Rest des Gerätes ausgesprochen gut in unserem Messlabor abschneidet, hinkt die Phono-Sektion etwas zurück. Als ausgefallenes Extra sind diese Messungen aber auch kein Teil unserer Bewertung für Streamer. Man kann durchaus problemlos Musik darüber hören, nur klingt er (vor allem auf höheren Lautstärken) im Vergleich zu eingebauten Entzerrern von selbst eher preiswerten Plattenspielern etwas unnatürlich und verwaschen.
Das Netzwerk-Streaming des WiiM Ultra im Test
So viel zu den Wegen, Musik auf den Ultra zu streamen – hier ist bei Netzwerkplayern meist Schluss mit der Featureliste. Doch WiiM will mehr: Denn wie auch der kleine Bruder kann der Neuling selbst ins Netzwerk streamen, sodass Signale, die er per Kabel empfängt, auf anderen Geräten landen. Mit dem Wegfallen von Airplay funktioniert das aber nur an andere WiiM-Geräte. Dafür schließt das Feature alle Eingänge ein, inklusive HDMI und Phono – sowie auch den USB-Port, wodurch der Ultra mit angeschlossenem USB-Stick schnell zum Musikserver wird.

Damit ist vielleicht die eigentliche Stärke des Phono-Eingangs die Möglichkeit, sein Signal ins eigene Netzwerk zu streamen. Die Idee, Phono-Signale für Multiroom aufzubereiten, ist nicht ganz neu – genannt seien rooExtend für Roon, Bluesound Hub oder Pro-Ject T2 W –, aber trotzdem selten und wie wir finden spannend. Zudem funktioniert die Übertragung bei uns problemlos, das effektive „Delay“ zwischen Aufsetzen der Nadel und Wiedergabe per Netzwerk von circa einer Sekunde stört nicht – außer vielleicht bei der Synchronisierung von Bild und Ton bei einem TV. Den kleinen Verlust in Klangqualität bei unserem Test schieben wir zudem nicht auf die Übertragung an sich, sondern an den Fakt, dass der Empfänger in diesem Falle ein Pro Plus war und kein Ultra.
WiiM bietet detaillierten Equalizer und Raumkorrektur
Egal ob gestreamt oder kabelgebunden – Puristen hören kurz weg –, der WiiM verarbeitet alle Signale gleich. Konkret schleift er sie sofern gewünscht durch seinen sehr detaillierten Equalizer, der per Preset, grafischer oder parametrischer Oberfläche den Klang anpassen kann – für jeden Eingang separat und auf Wunsch sogar kanalgetrennt. Zusätzlich hat WiiM, wie erwähnt, eine Raumkorrektur eingebaut. Während sie anfangs nur per iPhone nutzbar war, kann sie inzwischen auch an Android-Handys und mit externem Mikro benutzt werden. So oder so ist der Prozess schnell und einfach und erstellt einen 10-Band-EQ-Preset.

Bei unserem Test waren die Eingriffe der Korrektur jedoch etwas zu stark. Die vorgeschlagene Bass-Absenkung um 10 dB etwa ließ den Tiefton fast komplett verschwinden und reduzierte den Körper der Wiedergabe; ein Plus in Details und Sauberkeit gab es aber. Sehr gut, dass die Korrektur der Einmessung frei angepasst werden kann, was möglicherweise den Weg zu reiner Verbesserung bringt.
Eine etwas größere Änderung von anderen WiiM-Streamern zum Ultra ist sein Design. Seine kleinen Geschwister sind da nämlich klar in der Kategorie „simpel und funktional“ zu Hause. Ein paar Buttons, schlichtes Gehäuse, keine Anzeige. Während die Kastenform mit abgerundeten Ecken gleich bleibt (hier gut verarbeitet und in Alu), hat der Ultra, unschwer zu erkennen, einen kleinen Bildschirm. Daneben sitzt ein Drehknopf für Lautstärke.
Wie in dieser Gerätekategorie üblich stellt der Touchscreen zum Beispiel Albumcover schön dar. Passend zum eher kleinen Gehäuse ist der Screen aber auch klein und mit einem Hörabstand von ein paar Metern nur noch wenig zu erkennen.
Guter, wenn auch etwas kleiner, Bildschirm
Trotzdem ist er schick, reagiert sehr schnell, und ermöglicht eine gute Steuerung. Alle Features der App, wie Navigation durch Streamingdienste, gibt es jedoch nicht – dafür immerhin Zugriff auf Presets und EQ-Auswahl.
Die Steuerung am Gerät ist möglicherweise primär praktisch, wenn man den Musikgenuss mit Kopfhörern eingeht. Auf seiner Front ist ein 3,5-mm-Kopfhörerausgang, und dank Bluetooth-Sender steuert er auch kabellos Kopfhörer an. Somit kann er das Signal von Plattenspielern oder CD-Playern auch per Bluetooth senden.

Zudem liefert WiiM als weitere Steuerungsoption auch eine Fernbedienung. Die kleine Remote macht ihren Job gut, glänzt aber vor allem mit einer Sonderfunktion: einem eingebauten Mikrofon für Sprachsteuerung. Auf Knopfdruck stellt es die Verbindung zum Sprachassistenten Alexa her, womit das Musikhören recht gut gesteuert werden kann, nachdem die Einrichtung per Amazon-Alexa-App abgeschlossen ist.
Und klingt der WiiM Ultra auch gut?
Bei allem Lob, am Punkt Klang konnten wir die WiiM-Streamer bisher am meisten kritisieren. Sie klingen nicht schlecht, in der Rechnung mit Preis und Features sogar ziemlich gut. Aber ignorieren wir den Preis, sind App und Anschlüsse bei WiiM mindestens gleichauf mit einem Großteil der Konkurrenz, der Klang nicht immer.
Im Kontrast zum Pro Plus liegt der Ultra aber nicht nur in Anschlüssen und Display vorn, sondern auch im Klang – dafür sorgen etwa der andere DAC-Chip oder der laut WiiM niedrigere digitale Jitter. Die Wiedergabe über den Ultra ist breiter und offener, insgesamt klarer und hat im Bass mehr Punch und Kontrolle.

Wenn die schwedische Folkband Garmarna „Herr Mannelig“ interpretiert, platziert der Ultra die hintergründigen Trommeln genau und lässt sie impulsiv auftauchen. Trotzdem bleibt der Gesang präsent, hat Körper und ist unverfälscht, das insgesamt strukturiert-ausgeglichene Klangbild überzeugt und macht Spaß.
WiiM Ultra im klanglichen Test gegen Bluesound Node
Selbst im Vergleich zum Preisklassen-übergreifenden Prüfstein, der aktuelle Bluesound Node, schlägt der WiiM Ultra sich ausgesprochen gut und beweist vor allem im Bass Power und Kontrolle. Da er jedoch plastischer spielt und insgesamt den Klang etwas besser durchhörbar gestaltet, behält der teurere Node die Überhand. Dennoch: eine echt starke und mitreißende Performance des WiiM.
Uns bleibt am Ende nicht viel übrig, als auch dem neuen Ultra ein WiiM-typisches Fazit zu geben: fantastische Preis-Leistung! Die Firma verfeinert ihr Digital-System stetig, hat beim Ultra an so gut wie alles Wünschenswerte gedacht und verleiht ihm auch noch wirklich guten Klang. Ein paar Optimierungen sind immer möglich – größerer Bildschirm, symmetrische Anschlüsse oder Phono-Verbesserungen. Trotzdem ist es kaum zu glauben, was der neue Ultra für knapp 400 Euro alles bietet.