Open Ear Kopfhörer für Sport im Test
Mit Musik geht bekanntlich alles besser. Auch oder gerade Sport. STEREO weiß, womit man beim Joggen oder im Fitness-Studio so richtig was auf die Ohren bekommt.
Die Älteren werden sich vielleicht erinnern, dass nicht nur die Eltern, sondern auch die Polizei ehedem eindringlich davor warnte, mit Walkman-Kopfhörern auf den Ohren abseits des Zufußgehens am Straßenverkehr teilzunehmen. Damals war klar: Wer sich auf dem Fahrrad mit einem der tragbaren Kassettenspieler die Ohren zudröhnte, bekam kaum mit, ob sich Autos, Motorräder oder Rettungswagen näherten, und lebte entsprechend gefährlich. Mit modernen In-Ear- oder auch Over-Ear-Kopfhörern wäre das kein Problem mehr. Zumindest nicht, wenn sie über aktive Geräuschunterdrückung (ANC) mit einer Aufmerksamkeits-Funktion (Awareness) verfügen. Die sorgt nämlich dafür, dass plötzlich auftretende Umgebungsgeräusche wieder deutlicher wahrgenommen werden können. Dummerweise gilt das nicht nur für Motorklänge oder Martinshörner, sondern auch für alles andere. Also auch für den Fahrtwind beim Rennradfahren oder eine kräftige Brise während des herbstlichen Joggings. Das Ergebnis: Motivierende Musik oder der Lieblingspodcast rauscht einem im wahrsten Sinne des Wortes durch die Ohren.
Einige Hersteller haben sich Gedanken gemacht, wie das Problem zu lösen sei. Das Ergebnis hört auf den Namen Sport- oder Open-Ear-Kopfhörer. In aller Regel kann man sich darunter erst einmal einen normalen Kopfhörer mit Lautsprechern vorstellen, die außen vor dem Gehörgang sitzen, dabei aber anders als Over-Ear-Modelle das Ohr nicht bedecken. Man hört praktisch gleichzeitig weitestgehend normal die Umgebungsgeräusche und parallel dazu, was Spotify, Deezer oder Audible gerade als akustisches Begleitprogramm servieren.
Tatsächlich hat das Konzept keineswegs nur für Sportlerinnen und Sportler Vorteile. Auch wer gern während der Arbeit Musik hört, andere dabei nicht stören und trotzdem nicht isoliert sein will, kann von so einem System profitieren. Gleiches gilt für Herrchen und Frauchen. Hier kann die Kommunikation mit anderen Artgenossen in ebenfalls vierbeiniger Begleitung ganz entscheidend für den weiteren entspannten Verlauf der Hunderunde sein. Häufen sich solche Begegnungen, ist es mehr als praktisch, wenn man nicht alle zwei Minuten die In-Ears herausnehmen muss, um auch das „Guten Morgen, ist der friedlich?“ seines Gegenübers zu verstehen. Und auch wer während einer Reise mit der Bahn wichtige Durchsagen nicht verpassen möchte, fährt im wahrsten Sinne des Wortes mit Open-Ear-Kopfhörern gut.
Was sind Open Ear Kopfhörer überhaupt?
Das Ganze klingt nun einigermaßen simpel: Man baut einen kleinen Kopfhörer mit Bügel, den man sich hinters Ohr klemmt und damit den Lautsprecher vor statt im Gehörgang fixiert. Die klitzekleine Herausforderung besteht allerdings darin, dass der Klang nicht unbedingt dem einer Boombox in zwei Metern Abstand am Nordseestrand entsprechen sollte, sondern eher dem vernünftiger Over- oder In-Ears. Dabei sollen, auch das anders als bei der Boombox, die Mitmenschen möglichst nichts von dem mitbekommen, was man sich da gerade ins Ohr streamt.
An dieser Stelle wird womöglich deutlich, warum unsere Testkandidaten von Bose, Huawei, JBL, Shokz und Beyerdynamic alle in einer Preisliga um 150 Euro und darüber hinaus rangieren oder im Falle von JBL bislang rangierten (hier wurde der Preis zwischenzeitlich von 149 auf knapp 100 Euro gesenkt).
Der klangliche Anspruch von Sportkopfhörern
Letztlich geht es darum, Luftschall extrem zielgerichtet an das Trommelfell des Kopfhörerträgers zu transportieren, dabei aber gleichzeitig wenig bis gar keine Störeinflüsse zuzulassen und ein idealerweise voluminöses, präzises und dynamisches Klangbild zu liefern. Das ist letztlich der selbst gewählte Anspruch der Hersteller. Und zwar bessere Audioqualität zu liefern als die für sportliche Aktivitäten ebenfalls gut geeigneten reinen Knochenschall-Kopfhörer. Mit diesen nämlich funktioniert prinzipbedingt die fein nuancierte Tonwiedergabe nicht so gut wie mit Luftschall-Systemen, die dafür wiederum anfälliger für Störgeräusche sind. Außerdem neigen Knochenschall-Kopfhörer bei höheren Lautstärken zum Vibrieren, womit nicht jeder klarkommt. Shokz verwendet übrigens eine Kombination aus beiden Übertragungswegen.
Technisch gehen die einzelnen Hersteller die Herausforderung bei Open-Ear-Kopfhörern nicht komplett verschieden an, wenngleich es auch deutliche Unterschiede gibt. Grundlage ist zunächst immer ein spezielles Gehäusedesign, gepaart mit einem entsprechenden Treiber. Vor dem sitzt clevere Elektronik, die auf der einen Seite eine die Datenübertragung zur (Bluetooth-)Quelle realisiert. Dazu kommen entsprechende Codecs zum Einsatz, die trotz der vergleichsweisen geringen Bandbreite dank guter, aber verlustarmer Kompression eine hohe Audioqualität ermöglichen. Auf der anderen Seite erfolgt, ebenfalls elektronisch optimiert und auch per App noch selbst anpassbar, die Ansteuerung des Treibers. Hinzu kommt bei Shokz der schon erwähnte Knochenschalltreiber, bei JBL gibt es einen eigenen Video-Modus, Huawei verspricht KI-optimierten Hörgenuss, Beyerdynamic wirbt mit Hightech-Codecs, und bei Bose gibt es immersiven 360-Grad-Sound. Dazu später mehr. Festzuhalten bleibt, dass hinter allen Open-Ear-Kopfhörern sehr viel mehr steckt als ein Miniaturlautsprecher, den man sich vor den Gehörgang klemmt.
Wie sitzen die Open Ear Kopfhörer im Test?
Da die Kopfhörer selbst weder im Gehörgang halt finden, noch mit leichtem Druck an den Kopf gepresst werden, sind sie ausgesprochen leicht. So verändern sie auch bei schnellen Kopfbewegungen ihre Position nicht. Das kennt man womöglich von manch üppigerem Headset, das ebenfalls nur von einem Bügel hinter dem Ohr gehalten wird. Wem das nicht fest genug ist, der kann bei JBL etwa noch den mitgelieferten Kopfbügel ergänzen. Oder gleich zu den Shokz greifen, die es nur mit dem Bügel gibt.
Einen völlig anderen Weg gehen Bose und Huawei, deren Kopfhörer um den Rand der Ohrmuschel geklemmt werden. Das wirkt erst einmal seltsam, sorgt aber aufgrund der relativ freien Positionierbarkeit im unteren Bereich des Ohrs für einen sehr hohen Tragekomfort. Und es ist gleichzeitig das System, das sehr gut für Brillen- und – abhängig von der Bauart der Hörhilfen – potenziell auch für Hörgeräteträger funktioniert.
Da wir es in diesem Test mit Sportkopfhörern zu tun haben, ist neben dem festen Sitz, mit dem alle fünf Modelle aufwarten können, auch eine gewisse Robustheit vonnöten. Vor allem im Hinblick auf Feuchtigkeit, sei es, weil man in einen Regenguss kommt oder weil einem der Schweiß herunterläuft. Um es vorwegzunehmen: Für Wassersportler empfiehlt sich keiner der Open-Ear-Kopfhörer. Zwar sind vier Modelle IP54- und eins (Bose) IPX4-zertifiziert und damit vor Spritzwasser geschützt. Aber auf einen Tauchgang – freiweillg oder unfreiwillig – sollte man es dennoch nicht ankommen lassen. Ein paar Regen- oder Schweißtropfen stellen hingegen kein Problem dar.
Sportkopfhörer im Vergleich zu In- und Over-Ears
Trotzdem bleibt für den, der bislang nur In-Ear- oder Over-Ear-Modelle getragen hat, ein Open-Ear-Kopfhörer eine ganze Weile ungewohnt. Das liegt vor allem am fehlenden Druck wahlweise rund um die Ohrmuschel oder am vorderen Gehörgang. Besonders in der Anfangszeit hat man häufig das Gefühl, die Sportkopfhörer säßen nicht richtig. Weit weniger gewöhnungsbedürftig ist das „duale Hörerlebnis“.
Das Gehirn selbst besitzt im Regelfall ganz gute Möglichkeiten zur „Noise Cancellation“. Es filtert die Nebengeräusche heraus und fokussiert sich in der Regel darauf, was aus den Kopfhörern klingt. Das bedeutet aber auch, dass man, sofern man die Aufmerksamkeit auf die Umgebung lenkt, verpasst, was gerade aus den Kopfhörern tönt. Das führt gerade bei Hörbüchern oder Podcasts dazu, dass man mal ein Stück zurückspringen muss.
Die Möglichkeiten und Grenzen von Open Ear Kopfhörern
Wie bei den meisten anderen Kopfhörern auch kann man das allerdings über die Geräte selbst erledigen. Man muss also nicht dauernd umständlich das Smartphone aus der Tasche kramen. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die Open-Ears mit Touch-Bedienung im Winter bei behandschuhten Fingern so ihre Tücken haben. Selbst für kapazitative Displays geeignete Handschuhe lassen da oft eine präzise Bedienung kaum zu. Besser ist man hier mit Bose und Shokz unterwegs. Beide Modelle verfügen über physische Taster, die vor allem bei Bose vergleichsweise groß und griffig sind.
Um es vorwegzunehmen: Open-Ear-Systeme haben Grenzen. Und zwar in Form von besonders lauten Umgebungen. Wer morgens in einem von Schulkindern bevölkerten Bus seine relative Ruhe haben möchte, kann das naturgemäß mit einem derart offenen Kopfhörer vergessen. Die neutrale Geräuschunterdrückung kapituliert hier ebenso wie die Lautstärkekontrolle, die selbst auf maximaler Einstellung nicht in der Lage ist, den Umgebungslärm signifikant zu übertönen. Bei lauten, weil viel befahrenen Kreuzungen oder Straßen hat man einen ähnlichen Effekt. Zwar kann man einige der Kopfhörer so laut stellen, dass sie den Verkehrslärm weitestgehend übertönen, aber das ist aus naheliegenden Gründen kontraproduktiv. Entsprechend ist auch die Funktion zur automatischen Lautstärkelevel-Anpassung, die es bei Bose gibt, mit Vorsicht zu verwenden.
So greift diese elektronische Pegel-Korrektur auch bei den beim Radfahren entstehenden Windgeräuschen. Und zwar mitunter in einer Form, dass man unter Umständen ein herannahendes Auto erst dann hört, wenn es einen schon fast überfahren hat. Das führt letztlich das Open-Ear-Konzept ad absurdum.
Sportkopfhörer und die Außenwelt
Der Grund dafür ist aber letztlich nicht die Bose-Technik, sondern schlichtweg der Umstand, dass keiner der Kopfhörer im Test uneingeschränkt gegen die Windgeräusche ankommt, die gerade beim Rennradfahren und Geschwindigkeiten deutlich jenseits der 30 Stundenkilometer entstehen. Tatsächlich hat hier die Knochenschallübertragung des Shokz gewisse Vorteile, aber das so oder so störende Windrauschen filtern auch diese letztlich nicht weg.
Umgekehrt können die kleinen Kopfhörer aber auch selbst zur Belastung für die Umwelt werden. Wer meint, seinen Ohren in Sachen Lautstärke das Äquivalent zur ersten Reihe eines Death-Metal-Konzerts antun zu müssen, kann sicher sein, dass alle anderen auch etwas davon haben. Ob sie wollen oder nicht. Denn bei aller optimierten Richtcharakteristik findet der Schallaustritt doch vor dem Ohr und damit auch potenziell für die nähere Umgebung zumindest wahrnehmbar statt. Einem eventuellen Sitznachbarn in der Bahn kann das womöglich schon auf die Nerven gehen. Zumindest, wenn er sich nicht selbst auch in seine eigene akustische Welt zurückzieht.
Mikrofone und Klang der Sportkopfhörer im Test
Nimmt man es genau, sind die hier getesten Geräte keine Kopfhörer, sondern Headsets. Denn man kann mit allen fünf Modellen auch telefonieren. Das mag nach trivialer Binsenweisheit klingen, weil das für Bluetooth-Kopfhörer praktisch selbstverständlich ist. Doch es ist trotzdem sinnvoll, auf die Telefonie etwas näher einzugehen, weil die Open-Ear-Systeme einen ganz großen Vorteil gegenüber In- und Over-Ear-Kopfhörern haben: Man hört sich selbst viel besser und kann so seine Sprachlautstärke deutlich besser nivellieren als das bei abgeschotteten Ohren der Fall ist. Auch das kann neben den eingangs bereits erwähnten ein weiteres Argument sein, Open-Ear-Kopfhörer im beruflichen Umfeld zu nutzen. Der hohe Tragekomfort im Vergleich zu manchen PC-Kopfhörer wäre übrigens ein weiteres.
Die Sprachqualität, so wie sie die Gegenseite erlebt, ist bei allen fünf Kandidaten gut. Das ist keineswegs selbstverständlich. Die Mikrofone sind im Vergleich zu vielen klassischen In-Ears deutlich weniger zum Mund hin orientiert, was besonders für Huawei und Bose gilt. Dennoch gibt es auch hier keine Verständigungsprobleme, zumindest so lange nicht, wie man nicht in sehr lauten Umgebungen versucht zu telefonieren. Das scheitert dann aber auch noch mehr daran, dass man wegen der offenen Syteme den Gesprächspartner ohnenhin nicht richtig bis gar nicht mehr versteht.
Open Ears sollten den meisten Menschen gut passen
Bei hochwertigen In-Ear-Kopfhörern hat man oft Passstücke in mehreren Größen zur Auswahl. Damit kann man eigentlich problemlos zu einem Modell greifen, dessen Klangqualität besonders gut ist. Bei Open-Ears ist die Kombination aus richtigem Sitz und gutem Klang entscheidend. Es nützt schließlich nichts, wenn die mit viel Aufwand betriebene Sound-Generierung im Ergebnis das Ohr nicht vernünftig erreicht.
Deshalb muss man immer bedenken, dass die Kopfhörer auf so etwas wie einen anatomischen Durchschnitt zugeschnitten sind und im Einzelfall womöglich doch nicht passen, etwa weil die Ohrmuscheln sehr groß oder sehr klein sind oder vielleicht auch zu dicht am Kopf anliegen. Dennoch lassen sich die fünf Kandidaten im Hinblick auf die große Mehrheit der potenziellen Trägerinnen und Träger objektiv bewerten.
Sportkopfhörer Bose Ultra Open Earbuds im Test: nicht billig, aber gut
Die Ultra Open Earbuds von Bose sind vielleicht die ungewöhnlichsten Kopfhörer im Test, allein schon wegen ihrer bereits erwähnten Befestigung am Rand der Ohrmuschel. Im Gegensatz zu den ähnlich zu positionierenende Huawei sind sie allerdings erheblich kleiner und dezenter. Was am Anfang etwas seltsam anmutet, kann aber überzeugen. Die leichten und kleinen Earbuds lassen sich gut anlegen, einfacher und bequemer als bei vielen Modellen mit Ohrbügel. Insbesondere dann – wie bereits angesprochen –, wenn man Brillenträger ist. Auch bei heftigen Kopfbewegungen bleiben die Hörer in Position; trotzdem kneifen sie selbst bei langem Tragen nicht.
Die Schallöffnung liegt, sofern man nicht besonders große Ohrmuscheln hat, automatisch ziemlich exakt vorm unteren Bereich des Gehörgangs. Nachjustieren und Zurechtrücken entfällt hier in der Regel. Wer bei der Positionierung Probleme hat, kann auf die Anleitung in der sehr guten App zurückgreifen. Hier kann auch festgelegt werden, welche Funktionen beim längeren Drücken der Shortcut-Tasten ausgeführt werden soll. Kurzes Drücken in unterschiedlicher Häufigkeit dient der Medien- und Telefonsteuerung, langes Drücken kann zum Beispiel den Sprachassistenten des Smartphones aktivieren oder aber zwischen Stereo- und Immersive-Modus umschalten. Bei Letzterem generieren die Earbuds ein räumlicheres Klangbild, das auch noch auf eine feste Kopfposition, etwa vorm Bildschirm, oder für Bewegung optimiert werden kann.
Der immersive Modus der Bose Kopfhörer sorgt für räumlichen Klang
Bei der Musikwiedergabe, die auch noch mittels Equalizer optimiert werden kann, sorgt der etwas stromintensive immersive Modus tatsächlich für einen richtig satten, vollen und räumlichen Klang, wenngleich die Ultra Earbuds sich auch im Stereobetrieb schon sehr gut hören lassen können. Dann haben sie auch mehr Ausdauer (etwa sieben statt rund vier Stunden im Immersiv-Betrieb). Die Basswiedergabe ist kräftig, aber nicht übertrieben, und selbst bei Anhebung des Basses bleibt die generelle Ausgewogenheit der Kopfhörer erhalten. Für Sprache bietet sich eher die Stereo-Option an; der immersive Modus lässt Stimmen leicht gedoppelt klingen. In der Einstellung „Bewegung“, in der der Sound dann auch noch der Kopfposition folgt, hat man, etwa bei einem schnellen Seitenblick, auch ganz kurz den Eindruck, man drehe sich vom Sprecher weg. In der Summe klingt das mindestens ungewohnt, wobei die Stimmwiedergabe als solche jederzeit ausgesprochen klar und voll ist.
Die Ladeschale der Ultra Open Earbuds ist einerseits die leichteste im Testfeld. Zudem ist sie auch eine von zweien, die alle drei Stürze des Falltest übersteht, ohne ihren Inhalt zu verlieren. Außerdem verfügt sie über eine Schnellladefunktion; zehn Minuten laden reichen für etwa zwei Stunden Betriebsdauer.
Shokz OpenRun Pro 2 im Test: praxistaugleiche Knochenschall-Kopfhörer?
Die OpenRun Pro 2 sind die einzigen Sportkopfhörer mit festem Kopfbügel. Und auch das offenste System im ganzen Testfeld, weil die Lautsprecher für den Luftschall vorn an der Ohrmuschel sitzen, der Knochenschall dahinter übertragen wird. Das Ohr bleibt also frei. Das bedeutet auch, dass die Shokz die Kopfhörer sind, bei denen gerade bei höheren Lautstärken die Umgebung am deutlichsten mitbekommt, was man gerade hört. Dafür ist der Tragekomfort recht hoch, der Sitz gut und vor allem richtig fest.
Die App ist recht übersichtlich, weil die OpenRun Pro 2 nur eine Taste haben, die man nicht konfigurieren kann. Es gibt einen Equalizer, der neben einigen schon fertigen Sets auch die Möglichkeit zu eigenen Einstellungen bietet. Dazu kommt noch die Option, Multipoint-Pairing zu aktivieren und die Upgrade-Funktion für die Firmware.
Klanglich sind die Shokz nicht unproblematisch. Ohne Equalizer haben sie einen eher flachen Sound mit recht wenig Volumen. Der voreingestellte Bass-Modus kann das korrigieren, allerdings nur im Tieftonbereich. In der Mitte fehlt weiterhin Substanz.
Etwas unnatürlicher Klang bei Stimmen
Mit eigenen Einstellungen ist das zwar optimierbar, aber so brillieren wie die Modelle von Bose oder noch mehr Beyerdynamic können die OpenRun Pro bei Weitem nicht. Und das gilt leider auch für Sprache. Wer meint, der Equalizer-Modus „Gespräch“ tauge auch für Hörbücher, erlebt sein blaues Wunder. Der Klang ist eher der eines in die Jahre gekommenen Festnetztelefons. Hier ist man mit dem Standardmodus deutlich besser bedient. Lobenswert übrigens: Selbst bei hohen Lautstärken spürt man keine Vibrationen durch die Knochenschallübertragung.
Naturgemäß gibt es für die OpenRun Pro 2 keine Ladeschale, sondern nur eine gepolsterte Transporttasche, die auch ein Ladekabel beinhaltet. Wer unterwegs Energienachschub braucht, muss sich mit einem USB-Netzteil oder einer Powerbank behelfen. Allerdings muss man die neun Stunden Laufzeit auch erst einmal ausreizen. Selbst ein langsamer Hobby-Marathonläufer kommt in diesem Zeitraum in der Regel problemos ins Ziel, muss also auf befeuernde Musik nicht verzichten.
Beyerdynamic Verio 200 im Test: hervorragender Klang, kleine Kritikpunkte
Genau wie bei JBL werden auch die Verio 200 mit einem Bügel hinter der Ohrmuschel platziert. Allerdings ist der auf dem Gehörgang sitzende Teil deutlich kleiner und eleganter als bei den Soundgear Sense. Dafür musste offenbar ein Teil der Technik in den jeweiligen Ohrbügel wandern, der sich zum Ende hin konisch verdickt. Für Brillenträger ist das suboptimal, weil sich Kopfhörer und Brillenbügel hier ins Gehege kommen können. Im Test erweist sich das Vorgehen „Brille ab – Verios anlegen – Brille auf“ als sinnvoll. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass die Kopfhöher nicht optimal im Sinne von „straff genug“ sitzen. Wer große Ohren hat, dürfte zudem ein Problem mit der exakten Positionierung vor dem Gehörgang bekommen.
Über die App lässt sich die Touchbedienung einstellen, allerdings nur innerhalb eines relativ eng vorgegebenen Bereichs. Außerdem gibt es einen auch individualisierbaren Equalizer. Dafür sucht man eine Funktion zum Updaten einer potenziell neuen Firmware vergeblich.
Klanglich sind die Verio bei aller bisherigen Kritik allerdings über jeden Zweifel erhaben. Schon in der Standardeinstellung klingt vor allem Sprache volltönend und ausgewogen. Auch Musik hat Volumen und klingt vermeintlich gut. Allerdings nur so lange, bis man mithilfe des sehr wirkungsvollen Equalizers das volle Potenzial der Kopfhörer abruft. Die bereits vordefinierten Settings etwa für Rock, Jazz oder Pop leisten ganze Arbeit. Da knüppelt sich bei Killing Jokes „Wardance“ die Bassdrum durch die Gehörgänge, Kraftwerk keucht sich eindrucksvoll durch die „Tour de France“ und Lonnie Donegans „Rock Island Line“ näselt sich mit brillierenden Höhen über die Gleise. Der sehr druckvolle Klang hat aber auch seinen Preis. Die Verio 200 sind die Open-Ear-Kopfhörer, bei denen man am wenigsten von seiner Umwelt mitbekommt.
Die Ladeschale der Verio ist übrigens die zweite, die den Falltest gänzlich ohne Probleme absolviert. Das allerdings ist angesicht der massigen rund 98 Gramm auch erwartbar, wobei Bose das eben auch mit weniger als der Hälfte des Gewichts hinbekommt. Das Gewicht dürfte also gern etwas geringer ausfallen. JBL macht vor, dass es bei ähnlicher Größe auch mit etwa 25 Gramm weniger geht. Dafür gibt es bei Beyerdynamic eine Schnellladefunktion, wobei hier zehn Minuten Ladezeit nur etwa eine Stunde Wiedergabedauer bringen und nicht zwei wie bei Bose.
Huawei FreeClip im Test: bestes Case aller Sport Kopfhörer im Test
Der Name legt es nahe: Auch die FreeClip werden ähnlich wie bei Bose als Clip um den Rand der Ohrmuschel getragen. Allerdings sind die Kopfhörer von Huawei nicht ganz so dezent wie ihr US-amerikanisches Pendant. Der Lautsprecher sitzt in einer Art Kugel, die vor dem Gehörgang positioniert ist. Diese Kugel ist einigermaßen groß, was ihr guten Halt im Ohr verleiht. Allerdings – das mag an dieser Stelle subjektiv sein – bleibt zumindest in den ersten Minuten des Tragens immer so ein leichtes Gefühl von In-Ears, die kurz davor sind, aus dem Ohr zu fallen. Das vergeht allerdings.
Die App-Installation funktioniert zumindest bei Android nur über den Umweg der Huawei AppGallery, weil Huawei in der Google-Welt schon länger nicht mehr stattfindet. Bei Apple geht es direkt über den App Store. Die App beherrscht die üblichen Funktionen, also die Konfiguration der Tipp-Funktionen oder das Einstellen von Klangprogrammen. Einen richtigen Equalizer allerdings gibt es nicht, und auch das Erstellen eigener, individueller Klangprofile ist nicht vorgesehen. Dabei wäre das durchaus sinnvoll.
Open Ears von Huawey klingen druckvoll, aber nicht perfekt
Zwar ist der erste Klangeindruck sehr positiv; die FreeClip wirken druckvoll und voluminös. Mit zunehmender Hördauer fällt aber auf, dass es an Höhen damit auch an Brillanz fehlt. Das kann man mittels App korrigieren, aber leider immer etwas zu Lasten der Tiefen. Und auch hier kommen die kleinen Open-Ears irgendwann an ihre Grenzen. Blurs „Song 2“, ein zugegebenermaßen fieser Song für Lautsprecher oder Kopfhörer, klingt bei Huawei, als stünde deren Exitus kurz bevor. Alle anderen Kandidaten liefern hier gut oder zumindest solide ab. Bei Songs mit weniger Overdrive allerdings kommen auch die FreeClip gut klar, Hörbücher sind ebenfalls kein Problem.
Huawei gebührt in Sachen Case der Verdienst, das wohl kleinste und eleganteste Modell des ganzen Testfelds auf den Weg gebracht zu haben. Das Design strahlt wie die Kopfhörer selbst weniger Technik als mehr Lifestyle aus. Alles ist rund und wertig, die Haptik stimmt. Entscheidender allerdings ist, das keine andere Ladeschale es so einfach macht, die Kopfhörer zu verstauen: Man kann die FreeClip praktisch aus fünf Zentimetern Höhe einfach hineinfallen lassen. Magnete sorgen dafür, dass sie in der richtigen Position landen.
JBL Soundgear Sense im Test: preiswerte Sport Kopfhörer
Auf den ersten Blick wirken die Soundgear Sense etwas klobig, was auch an dem recht großen Ladecase liegt. Allerdings bestechen auch die Kopfhörer selbst nicht unbedingt durch Eleganz, wirken eher etwas zweckmäßig. Zumindest wenn man sie beispielsweise mit den Huawei FreeClip vergleicht. Der Handhabbarkeit tut das keinen Abbruch. Trotz Ohrbügel lassen sie sich selbst in Verbindung mit einer Brille gut anlegen; Dreh- und Neigbarkeit sorgen für eine gute Positionierung vorm Gehörgang. Man sollte lediglich im Betrieb bei der Touchbedienung nicht zu herzhaft drücken, weil man die Hörer sonst schnell in der Höhe verstellt.
Wie üblich gibt es auch bei JBL eine App, die die Konfiguration sowohl in Sachen Klangverhalten als auch im Hinblick auf die mit dem Tippen verbundenen Funktionen zulässt. Die Einstelloptionen darf man hier getrost als üppig bezeichnen, wobei es hier die Option gibt, zwischen unterschiedlichen Geräten zu wechseln.
JBL-Sportkopfhörer im Test: es braucht den Equalizer
Hat man die Soundgear Sense auf den Ohren, kommt einem der Klang zunächst etwas dünn vor. Tatsächlich fehlt es in der Standardeinstellung etwas an Volumen, weil vor allem der Tieftonbereich unterrepräsentiert ist. Gerade bei Sprache, insbesondere in Form tiefer Stimmen, macht sich das etwas unangenehm bemerkbar. Nutzt man den Equalizer, um den Bass anzuheben, wird der Sound um Klassen besser. Zudem wird er dabei nicht von den unteren Frequenzen dominiert. Jetzt liefern die JBL solide und ausgewogen.
Bei der Ladeschale ist genau wie bei Beyerdynamic die durch die Ohrbügel etwas ausladende Bauweise der Kopfhörer der Maßstab für die Größe. Entsprechend ist auch das JBL-Case nicht gerade klein. Aber es ist, wie schon erwähnt, erheblich leichter als das der Verio 200. Dafür hat es ein anderes Problem: Dadurch, dass die Kopfhörer am Bügel verstelbar sind, kann es passieren, dass sie zunächst nicht in die Aufnahme passen und man hier nachjustieren muss. Das ist, gerade wenn es schnell gehen soll, etwas lästig.
Sind die Kopfhörer im Test nur etwas für Sport?
Am Ende bleibt festzuhalten, dass man es bei den Kandidaten in diesem Test zwar prinzipiell mit Sportkopfhörern zu tun hat. Das trifft sicherlich in besonderem Maße auf die Shokz zu, allein weil sie eben auch auf Knochenschall und Nackenbügel setzen. Für die anderen vier Exemplare gilt allerdings, dass neben dem Einsatzgebiet Sport ein ausgesprochen hohes Maß an Alltagstauglichkeit hinzukommt. Zumindest dann, wenn es um die akustische Begleitung eben jenes Alltags geht und nicht darum, ihm komplett zu entfliehen. Dann sind sicherlich In- oder Over-Ear-Lösungen mit guter aktiver Geräuschunterdrückung das Maß aller Dinge. Aber immer dann, wenn man sich eben nicht komplett ausklinken will, gleichzeitig aber der Welt seine Vorliebe für Zwölftonmusik, experimentellen Free Jazz, Death Metal oder Hardcore-Techno ersparen möchte, haben Open-Ear-Lösungen ihre unbedingte Daseinsberechtigung. Das macht sie also auch für Nicht-Sportler extrem interessant.
Allerdings – und hier schließt sich der Kreis zum Walkman-Zeitalter – sind auch diese modernen Kopfhörer kein Freibrief für fehlende Achtsamkeit gerade im Straßenverkehr. Zumal an diesem anders als vor rund 35 Jahren inzwischen mit E-Autos, E-Bikes oder E-Scootern eine ganze Menge Fahrzeuge teilnehmen, die echte Leisetreter sind. Und bei denen es selbst mit Open-Ears bei moderater Lautstärkeeinstellung schwerfällt, sie frühzeitig zu hören. Denn grundsätzlich gilt dabei ungeachtet der Bauweise von Kopfhörern, dass sie zwar Fußgängern, Rad- und sogar Autofahrern im Straßenverkehr nicht grundsäzlich verboten sind. Aber auch, dass sie das Gehör nicht beeinträchtigen dürfen (§ 23 StVO).
Fazit – was sind die besten Open Ear Kopfhörer?
Grundsätzlich gilt, dass alle Kandidaten ihren Job als Sportkopfhörer im Test wirklich gut erledigen. Geht es um Speed und Action, dann empfiehlt sich zweifellos der Shokz OpenRun Pro 2. Mit Knochenschallübertagung und Nackenbügel bietet er Features, die solch sportlicher Betätigung entgegenkommen. Das insgesamt beste Paket aus Klang, Bedienung, gutem Sitz und Tragekomfort liefert allerdings Bose mit den Ultra Open Earbuds. Zudem beeindrucken die leichten und komfortablen Kopfhörer mit ausgesprochen hoher Alltagstauglichkeit auch abseits sportlicher Aktivitäten, weil sie einfach das normale Hören kaum beeinträchtigen und es in stummgeschaltetem Zustand weder haptisch noch akustisch auffällt, dass man überhaupt Earbuds trägt.
Wer in Sachen Klangqualität noch eine Spur besser unterwegs sein möchte, kommt wiederum an den Verio 200 von Beyerdynamic nicht vorbei. Der Sound ist – mit Verlaub – hammermäßig, unabhängig davon, welchen Musikstil man nun bevorzugt. Besonders viel Spaß machen die Kopfhörer allerdings, wenn man auf kräftige, satte Bässe steht. Der Preis dafür ist der gerade für Brillenträger nicht unbedingt optimale Tragekomfort. Und auch die wuchtige Ladeschale ist nicht bei jeder Sportart ideal mitzunehmen. Nachteil der Kopfhörer von Bose, Shokz und Beyerdynamic sind mit 349, 199 und nochmals 199 Euro vergleichsweise hohe Preise. Wer das nicht investieren möchte, kann ohne Bedenken auch zu den JBL Soundgear Sense greifen. Etwas schlicht im Design, aber gute und grundsolide Kopfhörer nicht nur für den Sport.