FiiO CP13: neuer Kassettenspieler getestet und gemessen

Vor einem Jahr hatte STEREO mit dem „Baladeur WE-001“ einen tragbaren Kassettenspieler getestet. Nun kommt der nagelneue FiiO CP13. Was kann der Walkman-Nachfolger? Wir haben zum Test die alten Mixtapes rausgekramt.

Hand aufs Herz: In wessen Musikbibliothek spielen Audiokassetten noch eine Rolle? Sicher nicht unbegründet waren sie und die zugehörige Technik auf dem Rückzug: Egal ob Radiorecorder, ob Tapedeck – sie alle hatten ihre Wehwehchen, seien es Laufwerke, die sich nach und nach verabschiedeten, oder Tonköpfe, die einen Klang produzierten, als hätte man Watte in die Ohren gestopft… alles schon gehabt. So wurden ohne viel Skrupel die Kassetten-Abspielgeräte beiseite gestellt oder irgendwann verschrottet. Es gab ja mit dem Einzug der Digitalisierung von Musik genügend andere Möglichkeiten.

FiiO CP13 surft auf dem Kassetten-Trend

Dieser Trend scheint sich, ähnlich wie bei der Schallplatte, nun wieder umzukehren. In Großbritannien etwa wurden letztes Jahr rund 200.000 bespielte Audiokassetten verkauft, Tendenz steigend. Und Weltstars wie Metallica, Harry Styles oder Taylor Swift verröffentlichen neue Alben nicht nur digital und auf CD, sondern mittlerweile auch wieder auf Kassette. Zwar ist der Weg zu den 4,3 Millionen in Deutschland verkauften Vinyl-LPs im Jahr 2022 noch weit, die Gegenbewegung zu Streaming und digitaler Vergänglichkeit von Musik ist aber eindeutig. Schallplatten gehen heute mitunter zu horrenden Sammler-Preisen über die Ladentheke, mehr dazu hier.

Auf den Spuren des Sony-Walkman

Mit FiiO präsentiert nun eine Firma, die man eher für Geräte wie Streamer, D/A-Wandler, Kopfhörer oder Kopfhörerverstärker kennt, einen Epigonen des legendären Walkman von Sony, der 1979 eine kleine Revolution lostrat, indem er mobiles Musikhören ermöglichte. Heute mag man darüber lachen, weil es so selbstverständlich geworden ist. Aber damals, in den Achtzigerjahren, war das der Hit.

Heute, beim CP13, ist indes nicht die Tatsache, dass man mobil Musik hören kann, ausschlaggebend, sondern wie man das tut. Man gönnt sich mit dem Gerät von der Größe eines mittleren Taschenbuches, das mit eingelegter Kassette soviel wiegt wie zweieinhalb Päckchen Butter, allerdings eine nicht eben handliche Extravaganz.

Zeitstrahl Geschichte mobiles Musikhören
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Kopfhörer für Inbetriebnahme von FiiO CP-13 nötig

Als Teenie leistete ich mir Mitte der Achtzigerjahre einen Sony-“WM-22“-Walkman, in blau, für damals 110 D-Mark. Im Lieferumfang des WM-22 war seinerzeit auch ein Kopfhörer. Der FiiO CP13 hat im Gegensatz zum Plastikkameraden WM-22 zwar ein solides Aluminium-Gehäuse, kommt aber dafür nur mit einem USB-C-Ladekabel als Zubehör. Der USB-C-Anschluss dient einzig zu diesem Zweck, dem Akkuladen; er ist keine digitale Schnittstelle.

Nachdem man ihn geladen hat, was in meinem Falle vor Erstinbetriebnahme etwa vier Stunden dauerte, ist der CP13 aber noch nicht betriebsbereit. Man braucht – und das wird diejenigen, die Apple Air Pods oder andere Wireless-Kopfhörer nutzen, fassungslos zurücklassen – einen kabelgebundenen Kopfhörer. Bluetooth hat der CP13, im Gegensatz zur Kassetten-Konkurrenz Baladeur WE001, nicht an Bord. In seinen FAQs begründet FiiO (allerdings nur auf Englisch) diesen Verzicht für alle, die es wissen wollen. Fakt ist: Kabellos geht‘s nicht.


Lesen Sie hier unseren Test des We Are Rewind „Baladeur WE-001“-Kasettenspielers


Wo wir schon dabei sind: Praktisch wäre auch eine „Pause“-Taste gewesen, die dem CP13 ebenso fehlt wie eine Aufnahmetaste. Angesichts der Ergebnisse, die die Baladeur-Konkurrenz hier hervorbrachte, jedoch wohl ein verschmerzbarer Verzicht. Auch einen „Eject“-Mechanismus gibt es nicht. Das Kassettenfach wird händisch geöffnet und die Cassette dann eingeschoben, was manchmal hakelt, aber im Großen und Ganzen problemlos funktioniert. Die vier Tasten (Wiedergabe, Stopp, Vor- und Rückspulen) muss man beherzt bedienen, sie sind das genaue Gegenteil einer Touchscreen – so weit, so Retro.

Sollbruchstelle: 3,5-mm-Klinkenbuchse

Der 3,5-mm-Kopfhörerausgang war ehedem, beim Sony WM-22, die Sollbruchstelle. Die Buchse hatte nach einiger Zeit einen Wackelkontakt, auf meinem Gerät hörte ich darüber nur noch mit Glück etwas. Der CP13 mit derselben Art von Buchse hält hoffentlich der Beanspruchung beim Musikhören unterwegs etwas länger stand als das historische Vorbild. Letzteres ließ sich im Gegensatz zum FiiO-Gerät immerhin aufschrauben. Erschütterungen etwa beim Joggen steckt der CP13 recht gut weg und leiert wenn, dann kaum hörbar. Allerdings ist das mit eingelegter Kassette rund 350 Gramm schwere Gerät nicht nur beim Joggen ein ziemlicher Klotz in der Tasche, da kommt man schnell ins Grübeln, ob man sich das auf Dauer antut.

FiiO CP13 in Weiß-Schwarz
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FiiO CP13 Anschlüsse und Ladekontrollleuchte

FiiO CP13: Spulen heißt Entschleunigung

Im Dauerbetrieb fiel auf, dass bisweilen die Auto-Stop-Funktion beim Kassetten-Seitenende hängen blieb; man muss dann händisch auf „Stop“ drücken, um den Akku zu schonen. Der hält aber, das muss man ihm lassen, mit mindestens zehn Stunden – bei mittlerer bis niedriger Hörlautstärke und je nachdem, wieviel man zwischendurch spult – wirklich lange durch. Ohne Spulen bringt er es gar auf zwölf Stunden. Das Spulen ist beim CP13 übrigens pure Entschleunigung. Bis eine Seite einer C90-Kassette umgespult ist, vergehen rund vier Minuten… Ommm! Wir haben für den Test realitätsnah Mixtapes aus dem persönlichen Bestand hervorgekramt. Dazu gleich mehr.

Damit man nun aber überhaupt etwas hört, muss ein kabelgebundener Kopfhörer her – und auch hier wurde zum Testen verwendet, was der persönliche Fundus hergab. Dabei lässt sich festhalten: Der CP13 klingt mit jedem Kopfhörer anders. Wir hatten einen halbgeschlossenen „Porta Pro“-Bügelkopfhörer von Koss angestöpselt, der für seine etwas verhangene Höhenwiedergabe bekannt ist. Der ebenfalls verwendete „IE 60“-In-Ear-Hörer von Sennheiser bildete bei den denselben Aufnahmen die Höhen viel besser ab – bei ebenfalls zufriedenstellender Basswiedergabe.

CP13-Klang stark vom Kopfhörer abhängig

Das Klangergebnis ist leider insgesamt durchweg bescheiden, was auch die Messungen aus unserem Labor unterstreichen. Die Schwäche im Bassbereich bei 100Hz ist eklatant, sodass sich für den CP13 möglichst hochohmige Kopfhörer empfehlen – wie der „Porta Pro“-Klassiker von Koss mit seinem Frequenzbereich von 15 Hz bis 25 kHz bei 60 Ohm. Mit einem zum Vergleich herangezogenen Billig-In-Ear-Hörer von JBL, dem Tune 110 (20 Hz bis 20 kHz bei 16 Ohm), klang der CP13 sehr dünn und substanzlos, ja fast schrill.

STEREO-Messergebnisse FiiO CP13
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Der CP13 im STEREO-Hörtest

Das heißt nun nicht, dass man die Bässe der Mixtape-Aufnahmen nicht hören würde: mit dem Koss- wie auch dem Sennheiser-Modell stachen etwa die Basslinien des 1981er-Albums „Red Skies Over Paradise“ von Fischer-Z* deutlich und prägnant hervor, sogar bei sehr geringer Hörlautsttärke. Generell ist jedoch auch die Aufnahmequalität der jeweiligen Kassette ein wichtiger Klangfaktor. War sie nicht gut, bringt der CP13 auch nur einen dürftigen Klang hervor. Gerade bei Mixtapes, die mitunter verschiedenste Aufnahmequalitäten aufweisen, wird das Musikhören mitunter zur klanglichen Achterbahnfahrt – von dünnem, unplastischem Sound, der uns bei Robert Crays Albumaufnahme von „Don’t Be Afraid of the Dark“ selbst mit höherohmigem Kopfhörer ereilte, bis hin zu authentisch knarzenden Synthiebässen etwa vom 1998er Propellerheads-Album „Decksandrumsandrockandroll“, die mit demselben Kopfhörer sogleich Hörspaß aufkommen lassen.

Da das Gerät auch nicht über Dolby verfügt, klingen Kassetten, die mit Dolby aufgenommen wurden, wie eines unserer Testexemplare, äußerst dumpf und flach. Hier würde man am liebsten den Klang nachregeln, wenn es denn einen Bass- und Höhenregler am CP13 gäbe. Oder man wechselt schnell das Tape.

FiiO CP13 für Kinder-Hörspiele: Pro und Contra

Tonbänder, zu denen die Audiokassetten zweifelsohne zählen, verlieren mit der Zeit aber auch an Höhen. Dass die teilweise jahrzehntealten Aufnahmen der Mixtapes wenig brillant, sondern oft eher verwaschen klangen, ist also nicht nur dem CP13 anzulasten. High-End-Klänge wird sicher auch niemand von einem tragbaren Kassettenspieler für 129 Euro erwarten. Rein theoretisch kann man den CP13 mit einem entsprechenden Kabel auch an die HiFi-Anlage anschließen. Wir haben das testweise auch getan, doch hat der Zwerg nicht das Zeug dazu, hier klanglich zu überzeugen. Das ist ihm wie gesagt nicht anzukreiden, denn das ist nicht sein vorgesehenes Einsatzgebiet. Apropos: Wer überlegt, anstatt einer Toniebox den FiiO CP13 für Hörspielkassetten seiner Kinder anzuschaffen, oder für die eigenen, als Analog-Alternative zum Podcasthören: wir haben auch mit einer „Drei Fragezeichen“-Kassette probegehört. Hier spielt der Klang ja eine untergeordnete Rolle, so schlägt sich der CP13 dabei gut. Robust und einfach zu bedienen, wie er ist, ist er unbedenklich in Kinderhände abzugeben, für die er allerdings auch etwas klobig und schwer sein könnte.

Stark: das physische Tonträgererlebnis mit dem CP13

Klar, dass Musikkonsumenten heutzutage auch bei der mobilen Klangwiedergabe einen gewissen Standard gewohnt sind, den der FiiO CP13, je nach Klangquelle, zwar in der Regel unterschreitet, doch bietet er etwas, was kein Streamingportal oder keine digitale Musikbibliothek hat: das haptische Erlebnis eines physischen Tonträgers, samt der Faszination des kompakten Magnet-Tonbandes, die sich damit wiederentdecken lässt. Von den ganzen alten (Mix-) Tapes gar nicht zu sprechen.

Das Gleiche gilt natürlich für einen gebrauchten Walkman „von damals“, der für dasselbe oder weniger Geld zu haben ist. Wer auf Nummer Sicher gehen will, entscheidet sich fürs Neugerät, denn das hat im Gegensatz zu Gebrauchten immerhin ein Jahr Garantie.

Testtabelle

Weitere Informationen zur Marke FiiO

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