Edifier S880DB MKII im Test: Was können die PC-Lautsprecher?
Am Computer wird dessen akustisches Potenzial oft sträflich vernachlässigt. Das sollen die Edifier S880DB MKII ändern.

Zwischen Hongkong, dem Firmensitz von Edifier und – sagen wir mal – Kopenhagen liegen etwas mehr als 8.600 Kilometer. Bei einer solchen Entfernung ist nicht unbedingt naheliegend, dass das Erscheinungsbild der neuen S880DB MKII doch sehr dem entspricht, was die meisten nach Skandinavien verorten würden: Helle Holzoptik, gepaart mit gefälligen Rundungen – die Aktivboxen wirken frisch und modern. Würden sie jetzt auch noch „Boxö“ oder „Klanglund“ heißen, wäre die nordische Reminiszenz perfekt.

Rein optisch machen sich die Speaker also schon einmal richtig gut. Vor allem in eine moderne Loft-Atmosphäre dürften sie sehr gut passen, egal, ob auf dem Schreibtisch oder im Bücherregal. Dabei lassen sie sich gefühlt an so ziemlich alles anschließen, was man üblicherweise an Wiedergabegeräten zur Verfügung hat. Drahtlos via Bluetooth, analog mittels Cinch oder digital wahlweise über Coax, SPDIF oder USB-C. Ein Display an der Front des Masters zeigt an, wo man sich gerade in Sachen Input befindet.
Die Wahl des entsprechenden Eingangs erfolgt mittels einer Art Jog-Dial-Regler, der per Funk mit den Lautsprechern verbunden ist. Leider sieht der Regler wertiger aus, als er sich anfühlt, weil er aus metallisiertem Kunststoff besteht und nicht, wie das Finish signalisiert, aus Aluminium. Zudem ist die Bedienung auch nur bedingt intuitiv, wobei auch für die Boxen selbst gilt, dass die Platzierung der Klangregler auf der Rückseite eher suboptimal ist. Will man hier den Sound nachjustieren, muss man entweder am Schreibtisch aufstehen oder eventuell eben auch den Master-Lautsprecher aus dem Regal holen.
Solide Verkabelung der Edifier S880DB
Verbunden werden die Edifier S880DB mit einem Kabel, das die meisten vermutlich längst in der HiFi-Mottenkiste wähnten: einem fünfpoligen DIN- oder Diodenkabel. Warum genau Edifier mal diese Lösung, mal aber auch S-Video-Kabel nutzt, ist nicht wirklich ersichtlich. Solange es funktioniert, kann es aber auch egal sein. Einzig der Austausch gegen eine längere Version wäre bei Cinch- oder normalen Boxenkabeln viel einfacher zu bewerkstelligen.

Bestückt sind die 2-Wege-Speaker übrigens mit jeweils einem 3,75-Zoll-Tiefmitteltontreiber mit Aluminiummembran sowie einem 1,25-Zoll-Dome-Tweeter mit Titanmembran. Nominell ermöglicht dieses Set-up laut Datenblatt einen Frequenzgang von 50 bis 40.000 Hertz.
Edifier S880DB: Die Qual der Anschlusswahl
Dadurch, dass die Edifier S880DB einen eigenen D/A-Wandler mitbringen, sind zumindest in der Theorie der Anschlussvielfalt keine Grenzen gesetzt. Die für den PC sicherlich heutzutage sinnvollste Variante ist die Verbindung mittels USB-C-Kabel, was physikalisch auch problemlos funktioniert. Allerdings erlebt man klanglich zunächst eine herbe Enttäuschung: Die Boxen klingen etwas blechern und irgendwie unsauber. Das bessert sich jedoch schlagartig, wenn man, wie in der Anleitung erklärt, den XMOS-Audio-Treiber installiert. Sofort klingen die Speaker um Klassen besser, neigen allerdings beim Härtetest in Form von „Total Eclipse Of The Heart“ immer noch zum Übersteuern. Auch beim furiosen Finale von Simon and Garfunkels „Bridge Over Troubled Water“ wird man das Gefühl nicht los, dass die Edifier latent überfordert sind. Auch die hochtrabend als „XMOS USB Audio Control Panel“ bezeichnete Software bringt keine Besserung, weil sie schlichtweg nicht mehr als eine Statusanzeige ist.

Es kristallisiert sich heraus, dass das Problem offenbar bei dem integrierten DAC liegt. Denn schließt man die Boxen analog an die Soundkarte des Rechners an, verbessert sich der Klang sofort hörbar. Kurioserweise sorgt aber auch die Ansteuerung via Bluetooth für einen besseren Sound als über den USB-Anschluss. Entsprechend entscheiden wir uns für die konservative Anschlussvariante mithilfe eines Cinchkabels, das am anderen Ende mittel 3,5-mm-Klinke an der Soundkarte des PCs hängt.
Ambivalenter Klang bei den Edifier S880DB
Nach der Auswahl der klanglich besten Anschlussoption müssen die Lautsprecher nun liefern. Und das machen sie insgesamt auch recht ordentlich, wobei man konstatieren muss, dass die Musikwiedergabe ein etwas schwieriges Thema bleibt. Das hat gleich mehrere Gründe. Zwar bekommt man durch den analogen Anschluss das Übersteuern weg. Aber das bedeutet noch nicht, dass auch der Klang damit rund wird. Die Edifier S880DB MKII sind zunächst im Bassbereich etwas dünn aufgestellt, auch insgesamt fehlt es ein wenig an Druck und Volumen.
Dafür allerdings sind die Höhen sehr klar und präzise, Gleiches gilt für den oberen Mitteltonbereich. Sphärische Stimmen, wie etwa von Kate Bush, kommen dabei sehr gut zur Geltung, aber alles, wo es auf einen Tieftonteppich ankommt, bleibt etwas blass. Der Klang bessert sich allerdings, wenn man den Bassregler sehr weit aufdreht. Das bedingt, dass man mit dem Höhenregler gleichermaßen verfährt, weil sonst die Höhen plötzlich gegen die Tiefen abfallen. Dann allerdings hat man einen sehr ordentlichen Klang auch bei basslastiger Musik.
Klangprogramme bringen wenig
Wenig hilfreich sind dagegen die integrierten Klangprogramme; ihr Effekt auf den Sound ist marginal. Hinzu kommt, dass es zwar auch die Option gibt, individuelle Profile anzulegen, die aber etwas umständlich zu erstellen sind. Denn dafür benötigt man das per Bluetooth mit den Speakern gekoppelte Smartphone nebst Edifier-App. Über die sind dann eigene Einstellungen möglich und auch speicherbar. Über die PC-App aber funktioniert das, wie schon angedeutet, eben nicht. Am Ende lässt sich festhalten, dass man für guten Musiksound etwas Tuning betreiben muss.
Nun sind die Edifier S880DB als PC-Speaker nicht nur dafür da, um Musik am PC wiederzugeben, sondern auch alles andere, was das Elektronikhirn so an Geräuschen von sich gibt. Also zum Beispiel auch Spielsound oder Stimmen während eines Videocalls. Hier sind die Boxen deutlich besser aufgestellt. Sprache ist klar und neutral, klingt sehr realistisch. Und auch das Klangbild bei Spielen kann sich hören lassen, sofern man nicht den Anspruch erhebt, ein immersives Geräuscherlebnis hören zu wollen. Da ist man schlichtweg mit einem 2.0-System an der falschen Adresse. Dennoch hören sich etwa Motoren- oder Gefechtsgeräusche realistisch an. Und mal ehrlich: Wer hat denn schon mal einen Zombie in der Realität grunzen und schmatzen gehört?