Cambridge Evo One im Test: schicke Streaming-Kompaktanlge
Mit „Evo“ vereint Cambridge Design, einfache Bedienung und Top-Klang – ob das auch für die Kompaktanlage Evo One gilt, zeigt der Test.

Folgten bis vor einiger Zeit alle Cambridge-Geräte einem einheitlichen Designkonzept, brach die Evo-Serie 2021 etwas mit dieser Tradition. Damit erweiterte der britische Hersteller die schicken, aber reduzierten Alu-Gehäuse etwa der Baureihen Edge, EX oder CX um eine elegant-moderne Alternative. Die Evo-Modelle setzen auf große Bildschirme, optische Akzente und Holz, sind technisch auf höchstem Stand. Im Kern besteht die Serie aus den beiden Streaming-Amps Evo 75 und 150; Letzterer begeisterte uns auch klanglich in seinem Test. Beste Zutaten also, um der Baureihe nun nach einem Paar Passiv-Boxen noch eine Komponente zu gönnen: die Komplettanlage Evo One. Mit 1.500 Euro ist der erste All-In-One der Firma zwar nicht extrem günstig, aber trotzdem preiswerter als ein Evo-Amp plus Lautsprecher.

Der Evo One nimmt die Rolle als modern orientierte Komplettanlage ein, fokussiert sich also auf Streaming als Hauptquelle. Gemessen an der Popularität von Musikhören übers Internet ist das zweifellos eine gute Wahl. Bedeutet aber auch, dass sowohl CD als auch klassisches Radio als sonst übliche Komplettanlagen-Quellen keinen Platz im Evo One finden.
Cambridge Evo One: ohne CD und Radio, aber mit Streaming und vielen Eingängen
Solange Internet vorhanden ist – und der Evo interessiert vermutlich nur Kunden, bei denen das der Fall ist –, kann man über den Evo One trotzdem mehr Radiostationen empfangen, als man jemals hören könnte. Dafür sorgt Internetradio mit einer Auswahl von lokal bis international, einfach wie auch Musik von Streamingdiensten per Cambridge-App anwählbar. Mehr Auswahl und weniger Internet-Abhängigkeit mit UKW oder DAB+ würde trotzdem nicht schaden.
Einzig auf CD muss man also erst mal verzichten. Anders als beim Evo 150 kann man auch das passende Laufwerk Evo CD nicht über die hier nicht vorhandene proprietäre Schnittstelle verbinden. Wobei dieses mit knapp 1.200 Euro UVP preislich sowieso vielleicht nicht die erste Wahl wäre, wenn es nur darum geht, „auch CD zu haben“. Andere Player können natürlich einfach digital oder analog an die Komplettanlage angeschlossen werden.

Dafür stehen je ein optischer Eingang sowie ein Cinch-Hochpegel-Eingang bereit. Das war’s aber natürlich noch nicht, eine Komplettanlage soll ja möglichst den gesamten Audio-Fuhrpark ersetzen oder aufwerten. Lokal gespeicherte Musik eines USB-Laufwerks kann schon mal über den Evo One wiedergegeben werden, wie man es von Netzwerkplayern kennt. Und auch wer bei der flachen, breiten Form direkt „Soundbar-Ersatz“ dachte, liegt damit nicht ganz falsch. Denn dank HDMI inklusive eARC kann der Evo One seine Klangqualität ebenfalls einem Fernseher mit auf den Weg geben, wenn auch ohne Dolby Atmos und Konsorten.
Phono-Vorstufe und Streaming-Sektion
Zuletzt wird es dann doch zugleich „oldschool” und modern, da die Cambridge-Anlage einen Phono-MM-Eingang trägt. Und egal ob dieser motiviert, sich einen passenden Plattenspieler anzuschaffen (Cambridge empfiehlt selbstredend die hauseigenen Alva-Modelle), einen alten Liebling „wieder fit zu machen“ oder eine Alternative für den eingebauten Entzerrer eines Plattenspielers sein soll, er ist klanglich auf jeden Fall bereit dafür und eine super Zugabe.
Ganz modern ist auch die Cambridge-App „StreamMagic“, die zwingend für das Set-up notwendig ist und an welcher die Firma konstant feilt, zuletzt mit ein paar Design-Optimierungen. Entsprechend der vermutlich von Kunden an eine Komplettanlage gestellten Vorstellung von Simplizität und „sich keine Gedanken machen müssen“ hat Cambridge auch die Klangeinstellungen realisiert. Um die Platzierung zu optimieren, gibt es zwei Möglichkeiten, zuerst den Abstand zur Rückwand. Dieser lässt sich per Slider und Bildchen einstellen und wirkt sich primär auf den Bass aus.

Um das volle Potenzial der Anlage auszuloten, empfiehlt sich eine eher offene, freie Aufstellung. Dabei wird die Abstandskompensation nicht direkt benötigt. Falls das nicht möglich ist – steht das Gerät etwa auf einem Sideboard an der Wand –, kann diese Anpassung aber durchaus helfen, wummernde und unschöne Bässe auszugleichen.
Die DSP-Optionen der Cambridge Evo One im Test
Andererseits kann auch die Beschaffenheit des Raums in die App gefüttert werden. Anhand eines Reglers verschiebt man den Raum mehr in die von Bildchen visualisierten Möglichkeiten „stark reflektierend“ und „stark bedämpf“. In einem normalen oder schon optimierten Raum sind vor allem die Extreme nicht unbedingt empfehlenswert. Bei „reflektierend“ wird der Klang dumpfer und bassiger, bei „bedämpft“ im Gegenteil dünner und heller.
Aber dafür sind die Settings ja auch nicht gedacht, und mit ihnen kann möglicherweise das jeweilige Gegenteil korrigiert werden, womit der Evo One deutlich unabhängiger vom ihn umgebenden Raum wird. Zuletzt gibt es in der App aber auch einen klassischen 7-Band-Equalizer mit Presets, immer gut zu haben.

Der Rest der Anwendung ist uns von zum Beispiel den anderen Evo-Geräten oder den oft mit hervorragender Preis-Klang-Relation auftretenden Cambridge-Streamern gut bekannt. Die Bedienung darüber gestaltet sich in unseren Tests stets problemlos, der Aufbau ist gut und schick und die Möglichkeiten darin – Internetradio, Serverzugriff und Musikstreaming – vielfältig. Mit Qobuz, Tidal und Deezer ist die Auswahl an Streamingdiensten gut, wenn auch nicht allumfassend.
Von Airplay über Spotify Connect bis Roon
Dafür sorgen aber natürlich die Optionen für Airplay und Google Cast. Dadurch landen auch beispielsweise Apple Music oder Amazon Music auf dem Evo One. Die damit ziemlich komplette Liste schließt mit Spotify und Tidal Connect sowie dem praktischen, wenn auch komprimierten Bluetooth und dem mächtigen, wenn auch teuren Organisationsprogramm Roon.
Die rund um den Evo One platzierte Stoff-Oberfläche gibt bereits einen Hinweis darauf, wie das Gerät mit Lautsprechern bestückt ist: rundum. Um den ganzen Raum mit Klang zu füllen, liegen auf jeder Seite des Evo Treiber, und zwar mehrere. Insgesamt vierzehn Stück (!) sind über die Anlage verteilt, jeweils vier Kalotten-Hochtöner und vier Mitteltöner mit Aluminiummembran. Für den Tiefton wurden dann direkt sechs 2,75-Zoll-Woofer eingebaut, zwei davon nach hinten gerichtet. Damit lässt sich auch seitlich neben dem Evo One noch direkt abgestrahlte Musik genießen. Am besten arbeiten die Chassis aber natürlich immer noch zusammen, wenn man gerade vor der Front sitzt.

Diese ganzen Lautsprecher müssen natürlich auch gefüttert werden. Dafür befeuert Cambridge jedes Chassis mit 50 Watt an Class-D-Verstärkerleistung, was summa summarum 700 Watt für den gesamten Evo One ergibt. Schnell wird klar, dass damit Power und Lautstärke kein leeres Versprechen sind.
Die Cambridge-Anlage kann laut und kräftig spielen
Selbst für ordentliches Musikhören in einem normalen Zimmer kann man auch mehr als zufrieden sein, ohne den Lautstärkeregler dem Maximum annähern zu müssen. Ohne riesiges Gehäuse oder Subwoofer bringt der Evo One beachtlichen Tiefton. Vom akustischen Kontrabass über E-Bass bis zu elektronischen Beats sind tiefe Frequenzen kräftig und ihre Erzeuger dazu körperhaft ausgeformt – ohne dass der Bass überhand nehmen würde.

Wer bereits ein anderes Cambridge-Netzwerk-Gerät der Mittel- bis Oberklasse vor Augen hatte, dem ist das Verhalten des großen und hochaufgelösten Bildschirms bekannt. Der zeigt etwa Albumcover oder VU-Meter an und kann ebenso über die unter ihm liegenden Knöpfe kontrolliert werden. Diese sind, anders als bei den CX- und EX-Baureihen, im Stile der Evo-Reihe gehalten, sprich: Sie leuchten elegant.
Fernbedienung und Knöpfe am Gerät sind eher simpel
Trotzdem „beschränkt” sich die Steuerung am Gerät primär auf Eingangswahl, Lautstärke und grundlegende Wiedergabesteuerung. Der Evo One ist eben wie erwähnt als Netzwerk-Anlage gedacht und die App als Steuerzentrale. Dementsprechend lässt er sich auch nicht kontrollieren, sofern kein Netzwerk per LAN oder WLAN verbunden ist.
Ist die Wiedergabe gestartet und Netzwerk verfügbar, kann der Cambridge aber auch über die inkludierte simpel-solide Fernbedienung gesteuert und das Handy in Ruhe gelassen werden. Dabei helfen auch Presets, die in der App eingestellt per Remote angewählt werden können.

Dem einfachen Musikgenuss steht also außer der Internet-Verbindung nichts im Wege – sofern man auf Radio und CD verzichtet –, und wir jedenfalls sind zudem auch ohne die Klanganpassungen direkt ziemlich zufrieden. Die Impulse in Woodkids „Highway 27“ kommen schnell und wuchtig, die Stimme des Franzosen körperhaft und natürlich. Dass hier ein Hersteller zugange ist, der seine Heimat im audiophilen Bereich hat, wird bei dem Mix aus Natürlichkeit und Balance schnell klar, auch wenn der Klang keineswegs analytisch wirkt.
Wie klingt die Cambridge Evo One im Test?
Dabei schlägt der Cambridge sich auch bei der Räumlichkeit erstaunlich gut. Aufgrund der Beschränkung auf ein Gehäuse gibt es zwar wie immer bei All-In-Ones keine „echte“ Stereo-Bühne, aber der Evo One schafft es ausgesprochen gut, den Klang von sich als Zentrum in alle Richtungen auszubreiten. Während ein Stereo-Set-up da durchaus noch etwas drauflegen kann, hat die „Kompaktheit“ einen unerwarteten Vorteil. Die für diese Kategorie große Bühne ist komplett gefüllt mit Musik. Die gesamte Wiedergabe wirkt stets zusammenhängend, was hervorragend mit der guten Plastizität harmoniert.
Dadurch kann es aber auch vorkommen, dass die Kanten von einzelnen Elementen, wie einer Stimme, nicht mit der allerletzten Schärfe separiert dargestellt werden. Soll keineswegs heißen, dass der Evo One verwaschen klingt, vielmehr besticht er durch saubere Neutralität; aber ein Touch mehr an Staffelung und Vordergründigkeit wäre so eben möglich. Auf der anderen Seite präsentiert die englische Anlage so ein angenehm rundes, unaufdringliches Klangbild, dem man stundenlang im Hintergrund lauschen kann als auch wenn benötigt ordentlich aufdrehen für konzentriertes Hören oder Party-Beschallung – der Evo One ist auf jede Situation hervorragend vorbereitet, wie ein All-In-One eben sein sollte.