Audio Technica LP70xBT Plattenspieler im Test
Für nicht mal 250 Euro will Audio-Technica mit dem AT-LP70XBT den „ultimativen Plattenspieler für Einsteiger“ anbieten. STEREO testet, was der Analog-Profi dafür bietet.
Dass Werbetexte gern mal übers Ziel hinausschießen, erstaunt nicht. Klappern gehört eben zum Handwerk! Doch angesichts des Versprechens in der Pressemitteilung des japanischen Analogspezialisten Audio-Technica, dass der neue Plattenspieler LP70xBT „schlichte Schönheit mit einem atemberaubenden Klang verbindet“, blieb uns zu Beginn dieses Tests tatsächlich für einen Moment die Luft weg.
Denn in diesem Test geht es nicht etwa um eine edle High-End-Preziose, sondern um einen in Weiß oder Schwarz erhältlichen Einstiegsdreher namens AT-LP70XBT für exakt 249 Euro.
„Schlicht“ trifft für den LP70xBT zu
Nach unserer amüsierten Verblüffung fiel rasch die Entscheidung: Dieses selbstbewusst angekündigte Teil müssen wir uns ansehen! Was dann aus dem Karton kommt – Schönheit liegt im Auge des Betrachters –, macht durchaus einen schmucken Eindruck. „Schlicht“ trifft zu: Die Oberseite des flachen Drehers ist keineswegs überladen und ragt über den unteren Korpus mit seinen großen Fußkegeln hinaus. An der Solidität des zwecks Resonanzunterdrückung dreiteiligen Chassis lässt uns das geringe Gewicht zweifeln. Gerade mal 2,9 Kilogramm stemmen sich dem Anheben entgegen. Kann das was sein?.
Ein Argument für den Test von Audio-Technicas preisgünstiger Analogofferte war nicht zuletzt der Einsatz des Tonabnehmers AT-VM95C mit konischer Nadel. Verstehen Sie nicht, da dieses MM-Pick-up nur mit 39 Euro zu Buche schlägt? Schon, aber dieses ist besser, als es sein Preis vermuten lässt. Es wurde direkt in den J-förmigen Tonarm integriert, an dem es rein gar nichts einzustellen gibt. Armhöhe, Überhang und Auflagekraft sind fix vorgegeben, ein Abtasterwechsel nicht möglich.
Von Haus aus drückt dieser mit 19,5 Millinewton praxisgerecht in die Rille. Wir haben’s nachgemessen. Ein Austausch ist ohnehin nicht angesagt. Und wer qualitativ zulegen will, kann irgendwann etwa zum Nadeleinschub AT-VMN95E mit elliptischem Diamanten wechseln. Kostenpunkt: 35 Euro.
Trotz Sparpreis ist der AT-LP70XBT ein komfortabler Vollautomat
Wer vermutet, dass der günstige Preis zulasten des Komforts geht, liegt komplett falsch. Denn der LP70XBT gehört zur seltenen Gruppe der Vollautomaten. Nach dem Auflegen der Schallplatte auf die Filzmatte, die das mit 500 Gramm leichtgewichtige Tellerchen aus Aluminiumdruckguss, nun ja, beschwert, drückt man einfach die Starttaste rechts, und schon setzt sich die Scheibe in Bewegung. Dann schwenkt der Arm bis über die Einlaufrille ein und senkt sich in diese ab.
Am Ende der Platte wird der Tonarm automatisch angehoben und zurückgeführt. Der Teller stoppt. Möchte man die Wiedergabe mittendrin abbrechen, betätigt man den Stoppschalter. Sämtliche Prozeduren laufen hinlänglich geschmeidig, also ruckarm sowie ohne nervige mahlende Geräusche aus dem Inneren des Geräts ab. Ein bedämpfter Lift steht für manuelle Eingriffe in den Ablauf bereit, zum Beispiel, um den Arm umzusetzen oder diesen selbst auf seine Stütze zurückzuschieben.
Damit dies alles für LPs wie Singles klappt – ein Adapter befindet sich im Beipack –, steht ein Umschalter für die beiden Geschwindigkeiten parat. Über einen Schieber an der Tonarmbasis bestimmt man hingegen, wie weit der Arm eingeschwenkt wird. Da beide Werte unabhängig voneinander bestimmt werden können, ist das Abspielen von Maxi-Singles, die bekanntlich die Größe einer LP haben, aber mit 45 Touren drehen, kein Problem, wie sich im Test des Audio Technica LP70XBT zeigte.
Hinsichtlich der Wiedergabe hat der Besitzer von Audio-Technicas pfiffigem Dreher sogar drei Optionen: Mittels der rückwärtigen Cinch-Buchsen kann er diesen mit dem Phono-MM-Eingang seines Verstärkers verbinden. Ist ein solcher nicht vorhanden, stellt man einen winzigen Schieber von „Phono“ auf „Line“ um. Dann übernimmt der stets samt Abdeckhaube gelieferte LP70XBT selbst die Entzerrung und Vorverstärkung der Musik und gibt ein Hochpegelsignal aus.
AT-LP70XBT ist auch kabellos über Bluetooth schaltbar
Aber es geht auch kabellos, denn zusätzlich ist eine Bluetooth-Strecke schaltbar. Kaum hat man den entsprechend markierten Knopf links gedrückt, sucht das Gerät nach einem Pendant und verbindet sich mit diesem. Das kann ein Amp, ein Ghettoblaster, ein Kopfhörer oder auch ein Paar Aktivboxen mit Lautstärkeregelung sein, was die Einsatzmöglichkeiten des Plattenspielers erweitert.
Wie T+As highendiger Medien-Player MP3100HV anzeigte, übermittelte ihm der Japaner die Daten im höherwertigen aptX-Modus. Praktisch: Auch nach dem Rückführen des Tonarms und Motorstopp hält der aus einem externen Netzteil gespeiste LP70XBT die Bluetooth-Verbindung aufrecht und signalisiert dies in Form einer leuchtenden blauen LED, sodass diese etwa nach dem Plattenwechseln nicht dauernd neu geschlossen werden muss.
Hier ist also ganz schön was dran und drin. Der Aufbau des günstigen Japaners ist einfach. Eigentlich ist nur der Teller auf die Lagerachse zu setzen. Der Antriebsriemen ist bereits umgelegt und muss per vorbereiteter Schlaufe über das Motor-Pulley gezogen werden. Noch die Haube aufsetzen und den Nadelschutz abziehen – schon kann’s losgehen.
Natürlich ist die Sache mit dem „atemberaubenden Klang“ Quatsch. Andererseits waren wir beim Testen des Audio Technica LP70XBT mehr als überrascht, wie munter, sauber und engagiert der Plattenspieler zur Sache geht. Dieser ließ weder Verzerrungen noch sonst irgendwelche nennenswerte Einschränkungen vernehmen. Selbst in Verbindung mit unserer Referenzanlage lieferte das Leichtgewicht angesichts des limitierten Preises und Aufwands eine propere Vorstellung ab.
Irgendwie legt man bei solchen Aspiranten andere Musik auf als unsere bewährten audiophilen Testscheiben.
Was zum Hören auf dem Teller lag
So wanderte etwa für den Hörtest des Audio Technica LP70xBT Alexandra auf das Tellerchen. Glaubhaft vermittelte der Audio-Technica die Tristesse in „Grau zieht der Nebel“ oder die Sehnsucht von „Erstes Morgenrot“. Ob es dabei über die Bluetooth-Strecke ging oder der interne Phono-Pre eingesetzt wurde, war dabei nebensächlich. Stets erschienen die Klangbilder sonor, aufgelöst und sogar einigermaßen räumlich. Ein tadelloses Resultat für einen Plattenspieler, der sich sogar für die Einstiegsklasse eher am unteren Rand der preislichen Bandbreite bewegt.
Ein Rundum-sorglos-Paket
Freilich wird Richard Claydermans Flügel bei „Für Elise“ nicht felsenfest in den Raum projiziert. Doch leiernde Geräusche traten bei dafür anfälliger Klaviermusik ebenfalls nicht auf. Bei den üblichen Pop-Scheiben fällt die leichtgewichtige, aber gekonnt umgesetzte Bauweise des LP70XBT noch weniger ins Gewicht. Und der milde Obertonbereich sorgt dafür, dass überpräsente Scheiben nicht schrill rüberkommen.
Okay, im Interesse einer Klangoptimierung viel daran drehen und Schrauben lässt sich nicht. Ein höherwertiges Phono-Kabel als das beigefügte – Pro-Jects Connect it Phono E für knapp 50 Euro (1,2 m) wäre bereits ein Fortschritt – sowie die erwähnte feinere Austauschnadel sind dabei sinnvolle Ansatzpunkte.
Das verbindet ihn mit Audio-Technicas mobilem Akku-Plattenspieler AT-SB727 aus dem Test in STEREO 10/24, der ebenfalls das Maximum aus seinem beschränkten Konzept herausholte. Und so finden sich als Test-Resultat im Auftritt des Audio Technica LP70XBT doch mehr als nur ein paar Fünkchen Wahrheit aus der großspurigen Ankündigung.