T+A R 1200 E: So entsteht ein HiFi-Gerät

Über neue Geräte freuen wir uns alle. Aber wie sieht ihre Entwicklung aus? Das zeigt STEREO hier am Beispiel der Marke T+A. Deren Entwickler krempelten für den Receiver R 1200 E bisherige Konzepte um.

Wer schon einmal in eine HiFi-Komponente hineingeschaut hat, weiß, was sich dort alles an Elektronik verbirgt. Platinen, Prozessoren, Schalter, Löt-Verbindungen und vieles andere, wundersam zusammengefügt von Mitarbeitern der Herstellerfirma. Erdacht von Ingenieuren und Konstrukteuren. Aber wie entsteht so ein HiFi-Gerät? Was muss genau passieren, damit ein Neugerät Gestalt annimmt? Warum hat man was wie gemacht?

Das wollte STEREO von der ostwestfälischen Manufaktur T+A wissen. Diese tüftelt in Sachen Neugeräte an einem Receiver mit der Bezeichnung R 1200 E. Geplant ist, dass er in diesem Jahr auf den Markt kommt – als abgespeckte, optimierte Version des Modells R 2500 R aus einer höherrangigen Baureihe im Firmenportfolio.

Prototyp von T+As neuem Receiver R 1200 E.

„Die E-Serie war bei T+A schon immer diejenige, die etwas ausgebrochen ist, die quasi auch mal Versuchsträger war“, beleuchtet der Juniorchef von T+A, Conradin Amft, die Hintergründe. Über die einzelnen Schritte, die der neue E-Serien-Receiver von der Konzeption bis zur Marktreife durchläuft, haben wir mit Amft und dem Leiter der T+A-Entwicklungsabteilung, Jörg Küpper, gesprochen.

Entwicklung T+A R 1200 E: Drei Projekte in einem

Im Falle des R 1200 E muss man wissen, dass die Entwicklung nicht mit irgendwelchen Komponenten des Innenlebens oder einem Entwurf des Gehäuses anfing. Bei T+A holte man dafür konzeptuell viel weiter aus.

Anhand einer „Do & don’t“-Liste wurden verschiedene Geräte-Anforderungen näher definiert. Hieraus leitete man die beiden Metriken „Kernnutzen“ und „Erweiterter Nutzen“ (der sich etwa auf die Ausgestaltung der Bedienoberfläche bezieht) ab, an denen sich die weitere Entwicklung orientierte. 

Es wird schnell klar: Die Geräte-Entwicklung des R 1200 E umfasst drei Projekte in einem. Neben der Konstruktion der Hardware eben auch die Entwicklung entsprechender Software, die wiederum auf einem festzulegenden Bedienungskonzept basiert.

„Bisher haben wir, wenn wir Geräte entwickelt haben, den Prozess so gesteuert, indem die Geräte mit Funktionen versehen wurden und wir hierbei geschaut haben, wo und in welchem Menü man die Funktion unterbringt. Jetzt haben wir sozusagen das Konzept andersherum aufgezogen“, so Amft.

Personas als Entwicklungsgrundlage

Bei T+A wurde im Vorfeld erkannt, dass der springende Punkt bei der Entwicklung eines Gerätes nicht etwa dessen Leistung oder sonstige Technik-Features sind, sondern die Bedienung; so ersann man verschiedene Anwender- und Anwenderinnen-Typen, sogenannte Personas. Dieser Begriff stammt aus dem Marketing und bezeichnet eine Methode zur Analyse und genaueren Definierung der anvisierten Zielgruppen. Diese Typen bekommen auch Namen.

Der Reigen spannte sich bei T+A vom audiophilen, technisch versierten Nutzer bis hin zum optikorientierten Feature-Käufer. „Die Entwicklungs-Grundlage war dabei: Was kaufen diese Personas, was begeistert sie – und was schreckt sie ab?“, erläutert Conradin Amft.

„Der Hintergedanke dabei war, auch neue Zielgruppen zu erschließen, ohne angestammte Nutzer zu verschrecken“, erläutert Jörg Küpper. Ein höherer Nutzwert stand und steht für beide, neue wie bestehende Nutzer, im Fokus. Auch sogenannte „Nebennutzer“ hat man bei T+A dabei im Blick – etwa Kinder, die die elterlichen Geräte mitbenutzen.


Letztendlich blieben vier Kern-Nutzertypen übrig, denen in Sachen Bedienung vorrangig die folgenden Faktoren wichtig waren: Intuitivität, Erwartbarkeit, Geschwindigkeit und Multi-Modalität. Als Risiko bei der Geräte-Entwicklung müsse man im Blick behalten, dass man nicht „in der Begeisterung über das Produkt weggetragen wird und irgendwann die Kunden aus den Augen verliert, sodass man quasi etwas mehr für sich selbst macht, was dann vielleicht beim Kunden eher Stirnrunzeln auslöst“, merkt Conradin Amft an.

T+A steht im Austausch mit der Zielgruppe

Für den Entwicklungsprozess holte man sich daher explizite Nutzer-Feedbacks ein. „Während unseres Leser-Events mit über 60 STEREO-Abonnenten haben wir die Begeisterung unserer Kunden für die Teilhabe an Entwicklungsprojekten gesehen“, erzählt Jörg Küpper. Im Frühjahr 2023 hatte STEREO exklusiv für Abonnenten und Abonnentinnen einen Besuch bei T+A in Herford organisiert.

Der Kontakt und fruchtbare Austausch mit der -potenziellen Zielgruppe brachte die Verantwortlichen dort auf die Idee, dies auf der „High End“-Messe 2024 fortzusetzen.

„Man muss ja auch wissen, ob das Konzept, das man sich überlegt hat, funktionieren kann“, so Conradin Amft. Als „Project Dawn“ präsentierte T+A an seinem Messestand in München den damaligen Entwicklungsstand im Bereich der Bedienkonzepte und suchte den Austausch mit Messebesuchenden. Ein Dummy der Geräte-Front des Receivers R 1200 E war dabei schon zu besichtigen.

Das Denken ist geräteübergreifend

„Das neue Gerät wird, gerade im Verstärkerbereich, mit unserer Serie 200 artverwandt sein, die sehr beliebt ist“, lässt der T+A-Juniorchef durchblicken. Dabei wird es weiterhin über eine gewisse Anzahl von Tasten und auch über Dreh-Drücksteller bedienbar sein. Auf die Integration eines Touchscreens verzichtete man bewusst. 

Was die Software-Entwicklung betrifft, soll die Benutzeroberfläche – wie sich als Konsequenz aus den Kundenbefragungen ergab – dennoch besonders einfach zu bedienen sein und die Nutzenden führen. Das beginnt mit möglichst wenig Hauptmenüs, beispielsweise vier Kacheln für die Musikquellen – in Untermenüs erfolgt dann eine weitere Verzweigung.

Software-Upgrade für Caruso als Pilotprojekt

Mitte 2024 wurde die Caruso-Kompaktanlage als erstes Gerät mit einer ähnlichen optischen Stoßrichtung präsentiert: T+A fuhr hier ein großes Software-Upgrade für dessen OS und Prozessor mit einer überarbeiteten Bedienoberfläche. Die Herforder Ingenieure haben dabei nicht nur an der Optik gefeilt, sondern auch an der Funktionalität. Auf Grundlage des Kunden-Feedbacks bekam Caruso eine neue FM-/DAB-Radiosuche, und auch beim Einwählen in Netzwerke wurden viele Details verbessert.

Hierin spiegelt sich auch die Firmenphilosophie wider, langlebige Produkte zu schaffen, deren Lebens- respektive Funktionsdauer durch Updates verlängert wird. Gleichwohl arbeitet T+A intern relativ strikt mit Portfolioplänen. „Das heißt, wir wissen eigentlich länger im Voraus, wann welche Serie wo zu einem Ende kommt“, sagt Conradin Amft.

Letzte Schritte bis zur R 1200 E-Produktion

Wann genau eine neue Serie erscheint, ist terminlich aber nicht immer als Punktlandung zu bewerkstelligen. Zum einen, weil Dritte involviert sind. So trat man in Sachen R 1200 E jüngst in die Phase ein, in der Seniorchef Siegfried Amft die Zulieferung aller benötigten Geräte-Teile aushandelt, die T+A nicht selbst fertigt, damit die Serienproduktion anlaufen kann.


Kundennahe Entwicklung wird fortgeführt

Zum anderen kann vor allem Software, die bei Neuentwicklungen schwer zu prognostizieren ist, einen Strich durch den Terminplan machen. Zur Erzeugung der notwendigen Screens läuft seit Anfang 2025 die Zusammenführung von Hard- und Software vom R 1200 E, wobei Letztere penibel getestet wird. Erst wenn alles fehlerfrei funktioniert, kommt der Receiver auf den Markt. Klar, dass STEREO den R 1200 E dann testen wird.

Dass der kundennahe Entwicklungsprozess, wie er hier praktiziert wurde, auch künftig fortgeführt wird, stellt Jörg Küpper im Hinblick auf die T+A-App klar: „Wir werden auch weiterhin konstant am Kunden bleiben, ebenso, wie wir an den Händlern bleiben werden, um Feedback einzuholen. Das ist im Falle der jetzigen Navigator-App schon so. Und das wird auch weiterhin so bleiben.“

Conradin Amft über Bedienung als Hygienefaktor

Warum ohne die Bedienung heute in der Geräte-Entwicklung nichts mehr geht, fragte STEREO den T+A-Juniorchef Conradin Amft.

Wie geht T+A an die Neuentwicklung von Geräten wie dem R 1200 E heran?
Gestartet hat es bei uns eigentlich damit, dass wir gesehen haben, dass sich Menschen an hochwertige Bedienung gewöhnt haben. Bedienung wird positiv verbunden mit einer Art Erlebnis. Und daraus entstehen natürlich bei den Nutzern auch bestimmte Erwartungen, dass ein teures Gerät eine bestimmte Bedienung ermöglichen muss und dass die Bedienung auch einfach und schnell sein soll, anstatt im Weg zu stehen. So haben wir festgestellt, dass Bedienung zum Hygienefaktor wird, der festlegt, was die Kunden erwarten. Will heißen: Ich bin nicht mehr begeistert, wenn die besonders gut funktioniert – sondern ich erwarte, dass sie gut funktioniert … Und bin umso verärgerter, wenn das nicht der Fall ist.

Conradin Amft

Wie berücksichtigen Sie das?
Wir waren bestrebt, Begeisterungsfaktoren herauszuarbeiten: Dinge, die den Nutzer oder die Nutzerin glücklich machen, wenn sie vorhanden sind. In meinem Beispiel – ich bin auch ein Teil einer Nutzergruppe – sind das bestimmte Animationen, etwa bei einer Bestätigung: Ein kleines Häkchen, das einmal kurz aufblinkt. Das sind Kleinigkeiten, auf die wir viel Wert gelegt haben. Denn dieses Produkt soll für klassische T+A-Fans genauso nutzbar sein wie für solche, die zum ersten Mal mit einem Gerät von uns in Kontakt kommen, aber sehr hohe Erwartungen an die Nutzbarkeit haben. Es geht wirklich darum, dass das Kundenerlebnis für eine emotionale Luxusmarke, wie wir sie verkörpern, immer angemessen sein muss.

Das bezieht sich aber explizit nicht nur aufs Top-Notch, sondern ist serienübergreifend gedacht?
Ja, unsere Intention ist hier, dass das neu entwickelte Bedien-Ökosystem sukzessive auf alle unsere Produkte ausgerollt werden soll.

Welche Rolle ist der MusicNavigator-App von T+A hier in puncto Bedienung künftig zugedacht?
Das ist tatsächlich ein Punkt, bei dem wir uns Nutzer-Feedback einholen müssen, weil es intern dazu bei uns mehrere  Denkschulen gibt. Es gibt eine Gruppe, die sagt: Wir können problemlos ein Update machen, auch wenn es optisch ganz anders wird. Denn wenn man es gut begleiten würde, könne man so etwas machen. Die andere Gruppe ist etwas vorsichtiger und sagt: Man sollte Kunden nicht ungefragt einfach etwas Neues geben. Und die dritte Gruppe bewegt sich irgendwo dazwischen und ist sich nicht sicher, was der bessere Weg wäre.

Als Folge daraus wird die MusicNavigator-App wahrscheinlich bestehen bleiben, wobei sie aber umgestaltet und ausgebaut werden wird. Doch in welcher Form wir das im Detail machen, ist etwas, worüber wir gerade noch nachdenken. Am Ende geht es uns ja nicht darum, dass wir eine neue App im Angebot haben, sondern dass die Kunden Spaß mit den Produkten haben sollen. 



Ähnliche Beiträge