Die gebürtige Londonerin verfügt über eine enorme Ausdrucksvielfalt: Sie lässt ihre Stimmbänder in gospeligen Songs vor Ergriffenheit und Inbrunst erzittern („The Good“), trägt Liebeslieder voller Romantik vor („I Might Be In Love With You“), schwingt sich in Hymnen zu einer Gänsehaut erzeugenden Erhabenheit auf („Glowing Up“). Ganz unverstellt offenbart uns die Tochter nigerianischer Einwanderer intimste Gefühle und Gedanken. So richtet sich etwa die ergreifende Klavierballade „You’re Not Here“ an ihren Vater, den sie seit zehn Jahren nicht gesehen hat. Und das jazzgetönte „Mama“ ist ein Dankeschön an die liebevolle Mutter.
Die 34-jährige Britin ist gleich mit mehreren Begabungen gesegnet. Ihre ersten Erfolge feierte sie auf Musicalbühnen in Londons West End („Sister Act“) sowie am Broadway (in einer Adaption des Romans „The Color People“). Später kamen Auftritte in Kino-Blockbustern wie „Harriet“ und der TV-Serie „Genius“ (übrigens in der Rolle von Aretha Franklin) hinzu. Jeweils ein „Emmy“, „Tony“ und „Grammy“ und zwei „Oscar“-Nominierungen waren der Lohn für Erivos riesige Wandlungsfähigkeit, und nun begeistert sie auch noch mit einem großartigen Solodebüt. Von dieser Frau mit ihren vielen Gesichtern wollen wir in Zukunft noch so einiges hören.
Harald Kepler