Eels | THE DECONSTRUCTION

Musikalische (Über-)Lebenshilfe

Nach dreijähriger Auszeit meldet sich Eels-Mastermind Mark Oliver Everett mit „The Deconstruction“ zurück. Ein Werk, mit dem er allen Trump-Traumatisierten praktische Lebenshilfe erteilt – sich selbst eingeschlossen.

Das Leben ist schön, sagt der 54-Jährige – trotz Terror, Trump, Brexit und der Tour von 2014/2015, die ihn so viel Kraft gekostet habe, dass er glatt ans Aufhören dachte. Kein Wunder: Der Wunsch, sein Publikum während der Shows zu umarmen, endete nicht selten in Handgreiflichkeiten. „So etwas mache ich nie wieder“, konstatiert der Wahl-Kalifornier. „Die Leute haben mir die Haare ausgerissen und an meinen Klamotten gezerrt. Was zu handfesten Prügeleien führte.“

Die Folgen: ein Burnout und die erste Auszeit seiner Karriere, die sich als emotionale Achterbahnfahrt erwies. Mit einer neuen Beziehung, Vaterfreuden, Gastauftritten in seinen Lieblings-TV-Serien – aber auch dem Tod seines Hundes und Bandmaskottchens, Bobby Jr. „Im Gedenken an ihn habe ich jetzt zwei kleine Hunde: Manson und Bundy – benannt nach den Serienmördern. Das entspricht ihrem Charakter. Sie sind miese Kläffer und erinnern mich täglich daran, dass Bobby Jr. nicht zu ersetzen ist. Deshalb gibt es zur Veröffentlichung des neuen Albums Gedächtnissocken, die zeigen wie er mit Engelsflügeln zum Himmel aufsteigt. Ernsthaft!“ 

Mit „The Deconstruction“, dem zwölften Studioalbum seiner Band, spendet Everett aber nicht nur sich Trost, sondern allen, die dafür zugänglich sind. Mit 15 Stücken, die sich als ein musikalisches In-den-Arm-nehmen erweisen. Als ein charmantes Erinnern an das Schöne in der Welt – und daran, sich nicht vom Zeitgeist und den politischen Verhältnissen herunterziehen zu lassen. Die, so das hagere Männchen mit dem Vollbart und der Hornbrille, seien zwar deprimierend, aber das Leben gehe trotzdem weiter. Und man sollte es auf jeden Fall genießen. „Diese Songs sind zunächst einmal für mich, aber vielleicht können sie auch anderen Leuten nützlich sein. In „The Epiphany“ sage ich zum Beispiel, dass man nichts an der Vergangenheit ändern kann. Und sich auch die Zukunft nicht planen lässt. Aber man kann etwas für das Hier und Jetzt tun – vielleicht hat das ja positive Folgen.“ 

Ein Ansatz, der keine Mission, sondern eher ein Denkanstoß ist. Den setzt Everett mit seinen bislang reifsten Kompositionen um. Nämlich Grenzgängen zwischen Jazz, Orchester-Pathos, Kinderliedern und 60s-Pop. Große opulente Arrangements mit Chor und Streichern treffen auf kantige Gitarrenriffs und Instrumental-Stücke, die sich als Soundtracks zu fiktiven Filmen erweisen. „Für mich ist dieses Album ein reines Gefühlsding. Es hat kein ambitioniertes Konzept nach dem Motto: ‚Ich mache ein Album über dies oder das – und es klingt so oder so.‘ Sondern jeder Song ist intuitiv. Als ich daran gearbeitet habe, hatte ich keine Ahnung, was daraus wird. Und was ich an Instrumental-Stücken mag: Wenn da kein Text ist, kann es auch nicht wahnsinnig intellektuell sein.“

Marcel Anders

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