Die US-Amerikanerin erinnert sich auch an einen Sommerurlaub mit ihren Eltern und einen dort von Mädchen umschwärmten Jungen, über den sie in „The Boy From Rye“ singt: „One by one he broke our virgin hearts“, während es über die Mädchen in dem Song heißt: „One too fat, one too thin/One too many flaws to measure“. Eine grenzenlos melancholische Ballade, die an den „Saratoga Summer Song“ von Kate McGarrigle erinnert.
Eine eher trostlose Ballade ist „Disappearing Act“, gesungen aus der Perspektive einer Witwe, die nur noch auf den Tod wartet, seitdem ihr Mann – Veteran des Irak-Kriegs, danach nie mehr derselbe Mensch – starb. Güterzüge, Truckstops, Greyhound-Stationen und endlose Highways tauchen in diesen Songs mit ihrer sehr amerikanischen Szenerie auf. Diese beschreibt sie auch mit den Versen „Sign across the street says praise the Lord/Hotel coffee tastes like kerosene.“
Mit diesem Songzyklus hat sich Gretchen Peters den Banjos und Dobros im Mix zum Trotz thematisch weiter denn je von aller in Nashville geschätzten Country Music entfernt. Im ausnahmsweise romantischen „Lay Low“ ist Dobro-Crack Jerry Douglas prominenter Gast, der Golf von Mexiko in dieser Erzählung Ort der Sehnsucht, während sich Ms. Peters hier an John Prines ziemlich depressives „Hello In There“ erinnert. So viel geballte Schwermut in aufnahmetechnisch grenzenlosem Wohlklang zu produzieren, ist schon fast pervers.
Franz Schöler
