
Wild and Clear and Blue
I’m With Her
Berühmte Girl-Groups in der Nachfolge der legendären Boswell Sisters aus New Orleans gab es später noch viele. In Triobesetzung wurden allerdings verblüffend wenige so erfolgreich wie die Andrew Sisters. Für die „Trio“-LPs, die Linda Ronstadt, Emmylou Harris und Dolly Parton veröffentlichten, steuerte nur letztere ein paar eigene Songs bei. Das war für Sarah Jarosz, Aoife O’Donovan und Sara Watkins undenkbar, als sie sich unter dem Namen I’m With Her zur Band zusammentaten. Zu dem Zeitpunkt hatten sie – als Sangestalente profiliert – Karrieren in anderen Girl-Groups und solo hinter sich. Jarosz (Banjo und Mandoline) als frühreifes Wunderkind, Watkins (Fiedel) und O’Donovan (Gitarre) hatten als vielgepriesene Songwriter keine Egoprobleme, sondern ergänzten sich auch als solche auf Anhieb. Einzige Fremdkomposition auf dem Debüt „See You Around“ war „Hundred Miles“ von Gillian Welch, ein hinreißender Song, von ihr erst Jahre später auf „Boots No. 2: The Lost Songs, Vol. 2“ veröffentlicht, die Coverversion bei den von Ethan Johns produzierten Sessions offenbar während einer Probe mitgeschnitten. Das zweite gemeinsame Album präsentiert stilistisch eine große Bandbreite von introvertierter Ballade („Only Daughter“) über Abstecher in Country-Bluegrass-Gefilde wie „Wild And Clear And Blue“ bis zu Appalachen Folk-Klassik („Find My Way To You“). Wie zu erwarten sind gelegentliche Anklänge an Western-Swing bei den mit Saiten bespannte Instrumente spielenden Damen nichts Ungewöhnliches. Im Terzett harmonieren sie stimmlich perfekt abgemischt, Ms. Jarosz öfter anfangs die Leadsinger-Rolle einnehmend. Wenn man eines bedauern kann, dann dass sie diesmal ihres Sangeskunst nicht mit ein oder zwei Coverversionen hochkarätiger Songs von Gillian-Welch-Klasse demonstrieren mochten.
Musik: | Sound:
Rounder/Concord09.04.2025 | Rezensent: Schöler, Franz