
SABLE, fABLE
Bon Iver
Mit den neun Songs, die der erklärte Mahalia-Jackson- und John-Prine-Fan – in den Wintermonaten von 2006 auf 2007 komponiert – als Debüt veröffentlichte, profilierte sich Justin Vernon sofort als Ausnahmetalent in der Championsliga der Singer-Songwriter-Zunft. Das waren tiefschürfend persönliche Confessiones, zwischendurch auch mal clever gereimt mit Versen wie „Can’t you find a clue / When your eyes are all painted Sinatra blue“. Als Countertenor betörte er mit einer Stimme, die er drei Jahre später – jetzt Chef des Ensembles Bon Iver – beim zweiten Album oft bewusst verfremdete. Ein krasser Fall von Schreibblockade war nur „22, A Million“: viele Ideen und Fragmente, kein zwingend komplett realisierter Song. Für die Ideen, mit denen er vor fünf Jahren bei den Songs für „I, I“ experimentierte, erntete er neben Dutzenden Lobeshymnen auch für ihn eher ungewohnt heftige Verrisse. Ein vorsichtiges Comeback war letztes Jahr die EP „Sable“. Mit vier Songs knüpfte er an die Klasse seiner Anfänge an. Die drei davon übernommenen gehören zu den besten einer LP, die ein offenbar nicht weniger ambitioniertes Projekt als das Debüt war. Mehr als einmal wechselt er bei Songs wie „Everything Is Peaceful Love“ mit Falsett ins Gospelgenre. Da drängt sich fast der Verdacht auf, er habe bei während der Komposition der Songs wieder mal einige große Al-Green-Klassiker angehört und als Vorbild verinnerlicht. Das mit Kopfstimme gesungene „From“ trägt er wie eine Predigt vor, begleitet von einem wunderbar harmonierenden Chor, der Mix einer der besten unter vielen exzellenten. Der Sound ist die perfekte Blaupause für die Produktion des nostalgischen Finales „There’s A Rhythm/Au revoir“. Das erinnert sicher nicht zufällig an „Re: Stacks“, den letzten Song des Debüts „For Emma, Forever Ago“.
Musik: | Sound:
Jagkaguwar/Cargo09.05.2025 | Rezensent: Schöler, Franz