Streich- und Bläserquintett sowie Klavier ermöglichen ein breites kammermusikalisches Repertoire. Aber was liegt näher als Schuberts Oktett einzuspielen? Klarinette und Geige sind die führenden Instrumente und warten mit zauberhaften Melodien und Dialogen auf. Klarinettist Michael Collins punktet mit Intensität, Profil und Genauigkeit. Geigerin Isabelle van Keulen nimmt sich bei ihren zuweilen ziemlich virtuosen Soli erstaunlich stark zurück. Damit gibt sie aber am ersten Pult dieser Partitur von wahrhaft sinfonischen Ausmaßen die Richtung vor: kammermusikalisches Musizieren und Durchsichtigkeit sind Trumpf. Und das setzen die acht Musiker souverän und klanglich wie interpretatorisch hervorragend um.
Dabei fällt die vorbildliche Homogenität des Tutti-Klangs auf. Bläser und Streicher mischen ihre unterschiedlichen Farben zu einem vollen, sehr warmen Gesamtsound. Bei solistischen Passagen treten sie aber hervor, Horn (Alberto Menéndez Escribano) und Fagott (Robin O’Neill) melden sich immer wieder mit wehmütigen Melodien. Es fasziniert, wie unprätentiös Isabelle van Keulen etwa im vierten, dem Variationensatz, ihre konzertierenden Violinsoli als dienende Begleitfunktion spielt.
Im selben Satz gelingen dem Ensemble Momente sphärischer Entrücktheit, die man so selten hört.Im Ganzen setzen die Wigmore Soloists eher auf klassische Balance denn auf romantische Schwelgerei. Das zeigt sich auch in den gemäßigten Tempi, wobei es über die 60 Minuten des Werks keine Spannungseinbrüche gibt. Auch die Schubert-typischen Kontraste von ausgelassener Heiterkeit und infernoartigen Abgründen tendieren nicht in Extreme.
Elisabeth Richter