Zu Beginn der 1990er-Jahre setzten sie dann auch auf Tonträger mit ihren Beethoven-, Mendelssohn- und Schumann-Aufnahmen Maßstäbe. Zum 40-jährigen Jubiläum des Orchesters erscheinen nun Konzertmitschnitte, die dieses Miteinander eindrucksvoll dokumentieren. Sie sind um die Styriarte und um die drei Wiener Klassiker zentriert.
So etwa Haydn, den kaum ein Dirigent so ernst nahm wie Harnoncourt. Mit pulsierendem Rhythmus, deutlich in Erscheinung tretender Akzentuierung und geradezu unauslotbarer Tiefe präsentiert er die großen Londoner Sinfonien Nr. 100 und 101. Wobei es beim „türkischen“ Schlagwerk in der „Militär“-Sinfonie auch durchaus mal deftig zugehen darf. Oder Mozart, dessen frühe A-Dur-Sinfonie KV 201 hier eine abgeklärte Weisheit ausstrahlt, die so manches Spätwerk eines anderen Komponisten nicht besitzt. Leider ist der Klang bei diesem Styriarte-Mitschnitt von 1989 ein bisschen verwaschen.
Während Beethovens Sinfonien Nr. 5 und 7 die bekannten Tugenden Harnoncourt᾿scher Exegese zur Schau stellen, überrascht die gedämpfte, fast philosophische Gangart, die der Dirigent in Brahms’ vierter Sinfonie anschlägt. Der Hanseat war mit seinen Sinfonien und Chorwerken ja auch häufiger Gast bei der Styriarte, wodurch Harnoncourts gerne übersehene Affinität zur Musik des späten 19. Jahrhunderts bestätigt wird.
Andreas Friesenhagen