Und Ormandy war es, der 1948 die amerikanische Erstaufführung der 1. Sinfonie leitete und sie bekannt machte, deren desaströse Uraufführung 1896 in Russland Rachmaninow in tiefste Depression stürzte. Und noch in den Sinfonischen Tänzen, seinem letzten Werk überhaupt von 1940, zitiert Rachmaninow wie zur Erinnerung an eine unvergessliche Kränkung aus dieser Sinfonie.
An diese große Rachmaninow-Tradition des hier brillant aufspielenden Orchesters knüpft Yannick Nézet-Séguin an und möchte sie offensichtlich fortsetzen: mit Einspielungen, welche diese Musik – um ein weithin gepflegtes vorschnelles Urteil aufzugreifen – von verkitschtem Ballast befreien und sie modernisieren, ohne ihr doch gleich die besondere Sentimentalität, die melancholische Schwermut gänzlich zu nehmen oder nüchtern zu überformen. Er interpretiert sie drängender, schärfer, schlanker, als man es etwa von den Einspielungen Ormandys her gewohnt war, und doch behält sie ihren luxurierenden Streicher-Glanz mit den weit ausschwingenden Melodiezügen. Nézet-Séguin bewahrt ihre Emotionalität, nimmt ihr aber eine mitunter nörgelnde Larmoyanz; die Musik bleibt durch und durch ausdrucksvoll, wird aber nicht durch interpretatorische Eingriffe beladen und befrachtet. Umso intensiver kann sich das emotionale Klima dieser Musik gleichsam wie von sich aus entfalten.
Giselher Schubert