Unglaublich, mit welcher Präzision die auf historischen Instrumenten spielenden Musiker in den langen Finalszenen und in den Ensembles eine geölte Orchestermaschine anwerfen, deren wundersame Mechanik dem Zuhörer ein Rätsel bleiben muss. Ebenso reihen sich die Sänger in die Rossinischen Kaskaden ein. Durch ihr minutenlanges Parlando-Prestissimo-Staccato vermitteln sie nicht nur komische Opernsituationen und stellen nicht nur stupende Virtuosität zur Schau, es geht vielmehr um die Konstruktion von klanglichen onomatopoetischen Effekten.
Darüber hinaus gibt es in Rossinis vielleicht komischster Oper auch echte Personen. Vasilisa Berzhanskaya in der Hauptrolle der Isabella verkörpert eine emanzipierte Frau, die ihren Aufruf zum Aufbruch ins Vaterland mit einer Mischung aus Pathos, Rührseligkeit und dem Entzücken über die eigene Ausstrahlung singt. Alasdair Kent als Lindoro wirkt so, als wüsste er um die Begrenztheit seines Rollencharakters, was ihn dazu verleitet, in „Languir per una bella“ seine lirico-spinto Qualitäten umso deutlicher herauszustellen, und Ricardo Seguel als Mustafa schließlich, der von Rossini und seinem Librettisten als geiler dümmlicher Orientale gezeichnet wurde, gibt dieser Figur eine Würde zurück, weil er alle seine Äußerungen in ein kultiviertes Belcanto kleidet, wie man es bei einem Bassisten selten erlebt.
Richard Lorber