So liefert das Doppelalbum der legendären singenden Pianistin Simone auf CD 1 einen stimmigen Mix aus vier Montreux-Auftritten zwischen 1976 und 1990. Vom erratischen Verhalten der als schwierig bekannten Künstlerin, das sich erst 1995 mit ihrer Diagnose einer bipolaren Störung offiziell erklärte, keine Spur. Stattdessen erlebt man hier Nina Simone gelöst in Topform – als Solistin ebenso wie mit diversen Begleitern im Trio- bis Quintettformat plus dem unvermeidlichen Duo mit Claude Nobs auf der Mundharmonika beim „Montreux Blues“. Der Opener „Someone To Watch Over Me“ erweist sich als unkonventionell flirrender Piano-Kraftakt, dem mit „Backlash Blues“ ein erstes Beispiel für Simones typischen Sprechgesang folgt. Während die heitere Grundierung von „I Wish I Knew How It Would Feel To Be Free“ zwischendurch mit aggressiven Blockakkorden akzentuiert wird. In den 16 quirligen Tracks funkelt so manches Schmankerl, etwa wenn sie Bob Marleys „No Woman No Crime“ ihre eigene Note gibt.
Das komplette Konzert vom 16. Juni 1968 auf CD 2 ermöglicht mit vier Doubletten reizvolle Vergleiche und den Nachvollzug ihrer Entwicklung von einer hochbegabten Musikerin zur Ikone des schwarzen Amerika. „The Montreux Years“ ist als „Must-have“ eine grandiose Dokumentation des Œuvres von Nina Simone – très formidable.
Sven Thielmann