Gleich die ersten Töne lassen aufhorchen: Da verbindet sich eine zart grummelnde Posaune mit delikaten Harfenklängen, bis nach einem Glissando eine Saxofonmelodie aufscheint, zu der sich bald eine tänzelnde Bratsche gesellt, die im Verlauf des filigranen Geschehens zu diskreter Intensität aufbrandet. Von wegen „All The Things That Could Go Wrong“ – im freien Fluss durch weit offene Räume entwickeln sich über 62 Minuten in 13 mal kurz dahingetupften, dann wieder weit ausgemalten Preziosen hochemotionale Klanggespinste, in denen die Schnittmengen des improvisierten Jazz mit zeitgenössischer Kammermusik in heiterer Gelassenheit aufregend neu definiert werden.
So finden sich wunderbare Tändeleien des Altsaxofons mit der Viola, die subtil swingen und ganz organisch von dem mit feinem Vibrato blasenden Komponisten ergänzt werden. Um dann mit „single notes“ von Katrin Pechloff und eigenwilligen Obertonvokalisen des Bratschers Gereth Lubbe zu schillernder Pracht aufzublühen, deren Farbigkeit ungemein intensiv eben nicht einfach leuchtet, sondern einen wunderbar duftigen Zauber versprüht. Faszinierend, wie raffiniert die vier Stimmen durch Zeit und Raum mäandern und dabei traumhaft mit Annäherungen, Verdichtungen und Öffnungen spielen. Was „Muse“ als inspirierenden Meilenstein moderner Klangkunst adelt.
Sven Thielmann