Die Ergebnisse klingen erwartungsgemäß hochrangig, sind von beinahe demonstrativer Professionalität geprägt. Rattle ist primär auf zügigen Ablauf der Musik bedacht, das Orchester folgt ihm dabei mit durchgehend gleichbleibender Intensität. Und Zimerman, mittlerweile 63 Jahre alt, führt Klavierspiel vom artifiziell Feinsten vor, verbindet kernigen Ton, der dennoch nie vordergründig oder gar plakativ wirkt, mit präziser, aber unaufdringlich abrollender Präsentation.
In Kauf nehmen muss man allerdings kleine rhythmische Sperenzchen, die schon gleich den ersten Einstieg des Klaviers im C-Dur-Konzert prägen und dann auch die übrigen Konzerte durchziehen: Phrasenschlüsse werden oft überraschend, ja irritierend kurz abgerissen, melodische Neuansätze sind (angeblich) spannungssteigernd verzögert. Es wird wenig Wert auf „gesungene“ Abrundung gelegt, auch wenn die langen Noten von Spitzen- oder Schlusstönen oft weit über den notierten Wert hinaus ausgehalten sind. Und Rattles Rigorosität lässt den Orchesterklang, von der Aufnahmetechnik ohnehin leicht begünstigt, vor allem an den Satzschlüssen leicht etwas intransparent, ja lärmig erscheinen.
Eine „Die oder keine“-Produktion ist die Neuaufnahme für mich daher nicht. Auf Grund ihrer Vorzüge sollte man sie bei Interesse aber in die engere Wahl nehmen.
Ingo Harden