Und dann, wenn der zweite Satz mit einem brutalen Staccatoschlag des Orchesters beginnt, weil die extrem gegensätzlichen musikalischen Positionen von Solo und Orchester in dieser Aufnahme wirklich einmal ernst genommen und kraftvoll ausgespielt sind: So krachend wurde eine leise Anfrage des Klaviers wohl noch nie vom Tutti abgeschmettert.
Auch im weiteren Verlauf der Sätze dominiert der strenge Ton historischer Informiertheit in einer seiner aktuellsten Ausprägungen und wird vom Freiburger Barockorchester unter Pablo Heras-Casado in vorbildlich entschiedener und perfekter Manier realisiert. Und Kristian Bezuidenhout, seit 2018 neben Gottfried von der Goltz künstlerischer Leiter des Ensembles, ist ein Spezialist des Hammerklaviers, wie man ihn sich nur erträumen kann: Er beherrscht sein Instrument – hier den Nachbau eines Wiener Conrad-Graf-Flügels von 1824 – mit leichtgängiger Überlegenheit und setzt seine Virtuosität dazu ein, das Beethoven-Spiel durch eine Vielzahl von wohlüberlegten Zwischenakzenten charaktervoll zu differenzieren, um so der Aufführung eine quasi improvisatorische Freiheit mitzugeben, die – Zitat Bezuidenhout – „die geradezu unverfrorene Qualität von Beethovens Intentionen“ lebendig werden lässt.
Die Ouverturen „Coriolan“ und „Die Geschöpfe des Prometheus“ runden das Programm wirkungsvoll ab.
Ingo Harden
Kristian Bezuidenhout | Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 op. 58
An mindestens zwei Stellen werden auch alterfahrene Klavierfans und Beethoven-Hörer beim ersten Abspielen dieser Neuaufnahme des G-Dur-Konzerts verwundert oder sogar erschreckt aufmerken: gleich zu Anfang, wenn der volle, achttönige G-Dur-Akkord des Soloinstruments in einem breiten Arpeggio buchstäblich „ent-wickelt“, auseinandergenommen wird. U

Bei unseren Partnern erhältlich als CD oder Download:
Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 op. 58 u. a.; Kristian Bezuidenhout; Freiburger Barockorchester, Pablo Heras-Casado (2017); Harmonia Mundi