Um eine Live-Aufnahme handelt es sich jedoch bei vorliegender Box nicht, deren Booklet sehr viel sparsamer gestaltet ist, als dies bei der früheren Produktion der Fall war. Bei beiden Gelegenheiten konnte Savall Sara Mingardo für die so wichtige Rolle der Botin gewinnen, die Orpheus über den Tod seiner Euridice in Kenntnis setzt. Hierbei ist viel Feingefühl und auch eine gehörige Portion Empathie für die beiden tragischen Figuren gefordert. Dies gelang der Mingardo schon damals sehr gut und sicherte der Einspielung trotz kleinerer Defizite bei anderen Akteuren eine beachtliche Rezeption. Inzwischen übermittelt sie die üble Botschaft sogar fast noch ein wenig glaubwürdiger. Kompliment!
Die zweite Rolle, mit der alles steht und fällt, ist die des Orpheus. Gewiss war Furio Zanasi 2002 ein sehr geeigneter Sänger, um die Macht des Gesangs vorzuführen. Dies gelingt allerdings Marc Mauillon noch einen Tick besser, da bei ihm die Tonwiederholungen in der zentralen Aria „Possente spirto“ noch weniger nach „Meckern“ klingen. Aber auch sonst überzeugt er mit seiner farbenreichen und flexiblen Stimme.
Wie zu erwarten, sind aber auch die übrigen Rollen mindestens adäquat besetzt (sehr schön die Speranza und die Proserpina durch Marianne Beate Kielland) und die königliche Kapelle setzt immer wieder neue Farbtupfer, wie sie von Monteverdi bereits vorgesehen waren. Und doch bleibt das Drama ein wenig akademisch, sodass die Affekte nicht durchgehend ans Herz gehen.
Reinmar Emans