Das Orchester nimmt innerhalb von sieben Jahren nicht nur den Gesamtzyklus der Mahler-Sinfonien mit seinem Chef Simon Gaudenz auf, sondern gibt auch für jede ein Vorspiel bei dem Basler Komponisten Andrea Lorenzo Scartazzini in Auftrag, das der Sinfonie pausenlos vorangeht.
Bei der Vierten vertonte Scartazzini mit „Incantesimo“ einen Kindertraum von Eichendorff mit Solosopran, der sich dann hoffmannesk ins Surreale verzerrt – schließlich hat er ja auch die Oper „Der Sandmann“ geschrieben. Bei der Fünften ist „Einklang“ eine spannende Klangflächenkomposition aus einem Akkord, deren verhauchender Schluss noch Mahlers Trompetenanfang umfängt. Die Jenaer realisieren das ebenso professionell wie die beiden Hauptwerke.
Eher vielleicht zu professionell – und dann wird es glatt und stromlinienförmig. Dann fehlt, wie im Scherzo der Vierten, das Unheimliche. Das poco Adagio hingegen hat eine Neigung, sich allzu sehr zu verbreiten. Bei der Fünften hätte ich mir in den beiden Kopfsätzen mehr vom Dämonischen gewünscht. Sehr erfreulich, dass das geschundene Weltabgeschiedenheits-Adagietto flüssig und nicht sentimental erklingt. Das Kraftholen im Scherzo und das freie Austoben im Finale gelingen großartig. Der Jenaer Mahler kann sich hören lassen. Schade, dass im Booklet nur die Männer in Text und Bild vorgestellt werden, nicht die feine Sopranistin Lina Johnson.
Bernd Feuchtner