So haben die drei den neuen Raum geschaffen, den Kornstad suchte, als er 2014 quasi vor der Langeweile nach New York floh. Im klassischen Repertoire um 1900 hat er ihn gefunden. Damals suchten Gustav Mahler, Anton Webern und Pauline Hall nach einer neuen Musiksprache. Aus diesem Grund ist die Gattung des Orchesterlieds relativ fragil. Man wollte weg von den bombastischen Klängen des 19. Jahrhunderts, wusste jedoch nicht so recht, wohin die Reise ging. Das ist ein Zug, auf den Hakon Kornstad nur zu gerne aufgesprungen ist. Hier kann er einerseits seine Tenorstimme mit dem leicht verschatteten Timbre einbringen. Zugleich nehmen sich die drei Musiker in den instrumentalen Zwischenspielen den Freiraum, den es sonst nur im Jazz gibt.
Und so grooven sie gemeinsam zu dem Dancehall-Klassiker des zu Unrecht vergessenen Henry Geehl oder loten die spröde Durchsichtigkeit eines frühen Liedes von Anton Webern aus. Mahlers Kindertotenliedern verleiht Kornstad dagegen durch satte Saxofonschwünge mehr Substanz und Leidenschaft. Diese Platte ist für Musikkenner jeglicher Couleur ein Genuss.
Mirjam Schadendorf