Vielleicht einfach die Tracks 1-4 erst mal überspringen, um auf „Bertha The Cool“ zu treffen: Da dreht Ribot auf, als jamme Wes Montgomery mit Steely Dan. Zum Auftakt erinnert das neue Album „Hope“, nach einem zentralen Slogan in der Pandemie, an die großen Frisco-Bands („B-Flat Ontology“). Dann folgt ein Reggae, der Ribots frühere Band Los Cubanos Postizos aufleben lässt. Wundervolle Reminiszenzen an The Lounge Lizards und The Rootless Cosmopolitans finden sich auf „Hope“, in Anspielung auf zwei weitere große Bands mit Ribot. Man spürt bei Shazad Ismaily und Ches Smith, wie sehr sie dieses Trio mit Ribot lieben, wobei ihnen das Live-Feeling nicht abhanden gekommen ist.
Die gitarristisch aufregendsten Passagen finden sich im zehnminütigen „The Long Goodbye“, einer glanzvollen Meditation über einen Ton, ohne je monoton zu sein. Und im über 13-minütigen „Maple Leaf Rage“, das vom Nichts ins All schießt und wieder zurück. Da zeigt sich Marc Ribot als direkter Nachfahre von Hendrix. All das ist während des Lockdowns ab Mai 2020 höchst plastisch umgesetzt, wobei alle drei Musiker im ‚social distancing‘ getrennt aufgenommen wurden. Den einstündigen Querfeldein-Trip beschließt eine total dekonstruierte Version von Donovans „Wear Your Love Like Heaven“.
Karl Lippegaus