In letzter, gewagter Übersteigerung fixiert sich Beatrice Berrut auf die bittersten Todesreflexionen. Aber erträgt sie es? Die schneidende, ausgeglühte Harmonik des „Csardas macabre“ scheint kaum auszuhalten zu sein, und so feilt und pointiert Berrut schon an der ersten Seite des Stückes erheblich, als wolle sie dem erstorbenen Material einen Rest an einvernehmlicher, spätromantischer Sprache entlocken.
Wie trostlos und hässlich klang dieser Beginn beim jungen Brendel – und wie viel beunruhigender. Die Schweizerin will bei ihrem Parcours durch Liszts Beinhaus offenbar nicht auf sozusagen humanisierende pianistische Finesse verzichten. „La notte“ – eine Michelangelo-Meditation und letztes Nachzittern jugendlicher Bildungserlebnisse – gerät vor allem im dolcissimo celeste-Mittelteil zauberhaft feingesponnen, und pointierter kann man jenen blassen ungarischen Melodiefetzen, den Liszt dort rätselvollerweise einem Vergil-Zitat folgen lässt, kaum heranwehen lassen. Dafür werden Rauheiten ein wenig überpoliert.
Der in einen irrwitzigen Csardas umschlagende „Trauermarsch“ vertrüge eine deutlich unbarmherziger zupackende Linke, und auch dem „Csardas obstiné“ gehen ein wenig die kleinen Temporückungen, Bissigkeiten, die verzweifelte Nervosität ab, die ein Kocsis da hineinlegt. Und doch, der das schrieb, verkörperte die pianistische Kultur seiner Epoche. Folgt man Beatrice Berrut, hat er sie auch auf seinen späten, einsamen Wegen nicht ganz abgeworfen.
Matthias Kornemann