Er gestaltet mit großer Textverständlichkeit, lässt seine warme, nie balsamische Stimme unmittelbar strömen. Schuen deutet den Zyklus nicht auf der Folie des Biedermeier, sondern lebensnah und lebensecht, mit gewagten Ausbrüchen und vorsichtigen Zurücknahmen. Die Kunst, Kleines exemplarisch als etwas Großes darzustellen und dabei Wort und Ton in ein gut ausbalanciertes Gleichgewicht zu bringen – das gelingt Schuen auf ganzer Linie, in den ungezügelten, temperamentgeladenen Liedern des Zyklus fast eher noch als in den zarten, todestraurigen. Irritierend dagegen wirken mehrere „h“-Brücken, die ein reibungsloses Legato unterbrechen. Warum Schuen dieses Hilfsmittel an manchen Stellen wählt, während er an anderen locker ohne sie auskommt, erschließt sich nicht.
Als Duo harmonieren Sänger und Pianist tadellos, gegenseitiges Aufeinander-Hören steht für beide Musiker an oberster Stelle. Auffällige Temporückungen findet man bei ihnen nur sehr selten und höchstens an ausgewählten Passagen, sodass von einer romantisierenden Darstellung auch unter diesem Aspekt nicht die Rede sein kann: Direktheit, Lebensnähe und Unmittelbarkeit sind von ungleich stärkerem Gewicht bei dieser insgesamt schlüssigen Einspielung.
Christoph Vratz