Sie erwähnten gerade, dass Sie eine Corona-Infektion auskurieren, die Sie trotz Impfung ziemlich außer Gefecht gesetzt hat. Wie haben Sie die Pandemiezeit insgesamt erlebt?
Es war wirklich schrecklich. Ich hatte viele wichtige Debüts und Tourneen, die nicht nur verschoben, sondern abgesagt wurden – es war eine sehr frustrierende Zeit. Zwei CD-Releases sind mehr oder weniger untergegangen: Die CD mit Strauss-Sonaten haben wir im Frühjahr 2020 veröffentlicht, als der erste Lockdown kam und die ganze Tour gestrichen wurde, und dem zweiten Lockdown fiel mein Elbphilharmonie-Debüt und eine Dvořák-Cellokonzert-Tour mit Vladimir Spivakov zum Opfer – Chancen, die nicht wiederkommen, sind natürlich gerade für eine junge Karriere ein schwerer Schlag.
Immerhin entstand während dieser Zeit auch Ihr aktuelles CD-Projekt, „Femmes“, das Werke von 23 Komponistinnen aus einem Zeitraum von neun Jahrhunderten versammelt. Sind Sie bei der Vorbereitung auf eine Komponistin gestoßen, der sie gern persönlich begegnet wären?
Es sind viele tolle Frauen dabei, die ich sehr gerne kennengelernt hätte! Pauline Viardot-Garcia zum Beispiel: Sie war eine gute Freundin von Clara Schumann, und wenn man den Briefwechsel der beiden liest, bekommt man einen Eindruck davon, wie frisch und temperamentvoll Pauline gewesen sein muss, zwar ein bisschen divenhaft-extrovertiert – aber wie pragmatisch sie umgegangen ist mit den Herausforderungen der Zeit! Es wäre für mich bestimmt sehr erfrischend und inspirierend, ihr zu begegnen. Andere Frauen hatte bedrückende Schicksale, ihnen würde ich gerne sagen: Kämpft weiter, eines Tages wird es anders werden und ihr werdet eine Renaissance erleben! Rebecca Clarke etwa musste gegen so viele Widerstände ankämpfen, sowohl wegen Vorurteilen ihrer männlichen Kollegen und Kritiker als auch gegen das eigene schlechte Selbstwertgefühl. Absurd zum Beispiel, dass ein Werk von ihr, das besonders lobend besprochen wurde – ihre fantastische Viola-Sonate – von Kritikern fälschlicherweise Ernest Bloch zugeschrieben wurde, ein Gerücht, gegen das sie erst im hohen Alter zu kämpfen wagte. Sie war im Gegensatz zu Ethel Smyth, die sich zur gleichen Zeit in England militant für die Frauenrechte einsetzte, zu schüchtern, ihre Stimme zu erheben …
Aktuelles Album

Raphaela Gromes – Femmes
Raphaela Gromes; Hildegard von Bingen, Clara Schumann, Lera Auerbach u. a.; Julian Riem, Festival Strings Lucerne (2022); Sony (2 CDs) V. Ö.: 3.2.
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