Bertrand Chamayou

Süffige Töne und grooviger Drive

Bertrand Chamayou rückt mit der Neuaufnahme der „Vingt Regards sur l'enfant-Jésus“ in die erste Reihe der Pianisten auf.

Von Kai Luehrs-Kaiser

Zoom-Konferenzen, wenn die Internet-Verbindung schwächelt, verwandeln sich rasch in Homestorys: als Führung durch alle Zimmer. Man startet neutral im Salon der Pariser Wohnung von Bertrand Chamayou. Weil das Bild während der digitalen Video-Konferenz immer wieder einfriert, endet man, durch die ganze Etage flanierend, im Schlafzimmer des Künstlers. Sofort kommen private Themen auf. „Sol Gabetta war vor zwei Stunden da“, plaudert Bertrand Chamayou. Nicht im Schlafzimmer übrigens, wenn wir richtig verstanden haben. „Sol ist eine musikalische Zwillingsschwester von mir.“ Oh, gepriesene W-Lan-Schwäche!

Über den Privatmann ­Chamayou weiß man wenig. Vor allem mit französischem Repertoire hatte der 1981 in Toulouse geborene Pianist auf sich aufmerksam gemacht. Mit Ravel, Debussy, César Franck, zuletzt auch Saint-Saëns, ebenso mit Virtuosem von Franz Liszt. Wenn Chamayou jetzt Messiaens „Vingts Regards sur l'enfant-Jésus“ einspielt, ein Zentralgestirn der französischen Moderne, so erscheint das konsequent. Messiaens Meditationen sind seit der Neuaufnahme von Pierre-Laurent Aimard (vor rund 20 Jahren) stark in Mode gekommen und stehen stellvertretend für das Werk des wichtigsten, auch publikumswirksamsten französischen Nachkriegskomponisten.

Ein Kollege von Chamayou, der deutsche Pianist Martin Helmchen, fasst die Schwierigkeiten der „Vingts Regards“ so zusammen: „Man muss die langsamen Tempi aushalten können“, so Helmchen. Die „Vingt Regards“ enthalten „die vielleicht langsamsten Stücke der Musikgeschichte“ – für den Spieler eine „geradezu körperliche Belastung“. – „Völlig richtig“, stimmt Chamayou dem Kollegen zu, dessen Aufnahme er liebe, wie er sagt. „Allerdings habe ich eine andere Option gewählt“, so Chamayou.

Die Metronomangaben bei Mes­siaen nämlich sind sehr akkurat. Allerdings hat sich schon dessen Ehefrau Yvonne Loriod nicht daran gehalten. Er selber, Chamayou, habe diese Frage noch mit Loriod persönlich besprechen können. „Tempi sind und bleiben eine sehr persönliche Sache“, so Chamayou. „Das hat Messiaen selber in den Aufnahmen seiner Orgelwerke bewiesen. Messiaen hat präzise notiert, aber frei gespielt.“ So macht es auch Chamayou.


Den kompletten Artikel lesen Sie in der Ausgabe Juli 2022

Aktuelles Album

Bertrand Chamayou: Messiaen - Vingt regards sur l'Enfant-Jésus

Bertrand Chamayou: Messiaen - Vingt regards sur l'Enfant-Jésus u.a.; (2021); Erato/Warner (2 CDs)


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