Der Kulturpalast in Dresden. Bild: Christian Gahl
Der Kulturpalast in Dresden. Bild: Christian Gahl

Sinfonie in memoriam Martin Luther King

30 Jahre nach dem Mauerfall holt die Dresdner Philharmonie Musik aus den Depots, die seinerzeit erhebliches Aufsehen erregte.

Türen schlugen, Teile des Publikums verließen erbost das Konzert. Und noch wochenlang wurde in der Presse über dieses Ereignis diskutiert: Friedrich Schenkers Sinfonie „In memoriam Martin Luther King" war bei ihrer Uraufführung 1972 ein handfester Skandal. Chefdirigent Kurt Masur hatte sich vehement für die Aufführung des Werkes eingesetzt. Das Anliegen, musikalisch den Kampf der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King und Angela Davies abzubilden und zu unterstützen, entsprach dem Zeitgeist. Dennoch schimpften Besucher in Leserbriefen danach über „Blechgetön und Disharmonie", die Sinfonie sei „zu lang und zu laut". Andere widersprachen und meinten, „wie Schenker mit seinen Mitteln ausdrucksstark Ekstase, Scheinruhe, Verzweiflung (und) Aufruhr darzustellen vermochte, sei „nicht zu überhören" gewesen.

Diese Uraufführung ist nur ein Beispiel für die Wirkmächtigkeit neuer Musik in der DDR, die oft zu unrecht ins Depot geschoben wurde. Anliegen des Thementags ist es, diese Musik neu nach ihrem Gehalt und ihrer künstlerischen Substanz zu befragen.

Darüber hinaus stellt das Ensemble AuditivVokal auf Einladung der Dresdner Philharmonie an diesem Tag fünf neue Vokalwerke vor, die um das Thema „Musik  – Demokratie – Europa" kreisen. Das Collegium Novum Zürich präsentiert vier Werke von Paul-Heinz Dittrich, Georg Katzer/Wolfgang Hilbig, Wilfried Jentzsch und Friedrich Goldmann, die den Zeitraum von vier Jahrzenten umspannen. Sie lassen nachvollziehen, welch unterschiedliche Wege jene Komponisten gegangen sind, die in den 1970er Jahren den Aufbruch vollzogen hatten.  Frank Schleinsteins Film über den Komponisten Friedrich Goldmann von 1990 beschließt den Thementag.

Deutschlandfunk Kultur zeichnet den Thementag auf und sendet ihn am selben Abend zeitversetzt.

Programm:

9. November 2019, Samstag, ab 17.00 Uhr

Kulturpalast, Konzertsaal

Eintritt 5 € pro Veranstaltung

„... und der Zukunft zugewandt ..."

Thementag

30 Jahre nach dem Mauerfall

17.00 Uhr

Musik – Demokratie – Europa

Fojan Gharibnejad/Zachary Seely: „hēmi" für zehn Sänger (2019, UA)
Stefan Beyer: „Vi" für Vokalensemble und Elektronik (2019, UA)
Harald Muenz: [ funda'men defi'nit ] für zehn Stimmen (2019, UA)
Chatori Shimizu: „Rightist Mushrooms" für zehn Stimmen (2019, UA)
Hakan Ulus: „Auslöschung" für zehn Stimmen (2019, UA)

Olaf Katzer, Leitung

AuditivVokal Dresden

18.30 Uhr

I have a dream

Friedrich Schenker

„Sinfonie in memoriam Martin Luther King" (1971)

Einführung und Podiumsgespräch mit Berichten und Zeitzeugen über die Uraufführung 1972 im Kulturpalast

Jonathan Stockhammer, Dirigent

Dresdner Philharmonie

20.00 Uhr

Musik und Lesung

Paul-Heinz Dittrich: Kammermusik II für Oboe, Violoncello, Klavier und elektronische Klänge (1974)

Wolfgang Hilbig: Lyrik und Prosa (Lesung)
Georg Katzer: „La fabbrica abbandonata III" für Ensemble, Sprecher, Sopran und Tonband (2010/11)

Text („Die verlassene Fabrik") von Wolfgang Hilbig (1971)

Wilfried Jentzsch: „Tambligan" für elektroakustische Klänge und Video (2010)

Friedrich Goldmann: Sonata a quattro für 16 Spieler (1989)

Jonathan Stockhammer, Dirigent

Peter Schweiger, Sprecher

Catriona Bühler, Sopran

Collegium Novum Zürich

Kooperation mit den Städtischen Bibliotheken Dresden

22.30 Uhr
Film

Frank Schleinstein: „Zeit-Klänge: Klang-Szenen: Skizzen zu Friedrich Goldmann" (1991)

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