Ball im Savoy von Paul Abraham in Nürnberg. Foto: Bettina Stoess
Ball im Savoy von Paul Abraham in Nürnberg. Foto: Bettina Stoess

Operette mit Geschwister Pfister

Die Nürnberger Inszenierung von Paul Abrahams „Ball im Savoy” wurde mit dem Frosch des Monats ausgezeichnet. Die Sendung „Operetten-Boulevard“ des Bayerischen Rundfunks vergibt den Preis für Operetteninszenierungen.

Das Staatstheater Nürnberg wurde für seine Inszenierung von Paul Abrahams Erfolgsoperette „Ball im Savoy“ mit dem Frosch des Monats Februar ausgezeichnet. In der Inszenierung von Stefan Huber und unter der musikalischen Leitung von Volker Hiemeyer sind seit der Premiere am 19. Januar die Geschwister Pfister und Frederike Haas auf der Nürnberger Opernbühne zu erleben.

Seit drei Jahren vergibt die Redaktion des „Operetten-Boulevard“ des Bayerischen Rundfunks Monat für Monat einen Preis für besonderen „Operetten-Mut“, den "Frosch des Monats“, der einer besonders gut gemachten, zeitgemäßen und frischen Operettenproduktion verliehen wird. Aus den zwölf Preisträgern wird schließlich eine Produktion ausgewählt, die mit dem Frosch-Award des Jahres ausgezeichnet wird.

Die Redaktion des „Operetten-Boulevard“ begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Opernsänger, Musicaldarsteller, Schauspieler, Kabarettisten, Chor, Ballett und Statisterie – aus so unterschiedlichen Mitwirkenden wird eine Einheit. Ein echtes Aha! Und alle reißen sich gegenseitig mit. Vor allem die Geschwister Pfister die anderen, aber ohne sich vorzudrängen. Revue-Operette wie sie sein kann, sein soll und selten ist. Auch das Nürnberger Publikum wusste das sofort zu würdigen! Mehr davon!“  

Staatsintendant Jens-Daniel Herzog ist stolz, den Frosch des Monats Februar für besonderen Operetten-Mut zu erhalten: „Mit der Inszenierung vom „Ball im Savoy“ haben wir eine Lücke im hiesigen Operettenrepertoire geschlossen, da die Jazz-Operetten von Paul Abraham seit den 1950er Jahren nicht mehr hier gespielt wurden, den „Ball im Savoy“ haben wir sogar zur Nürnberger Erstaufführung gebracht. Bei der Inszenierung war es uns wichtig, die Operette von ihrem angestaubten Ruf zu befreien und sie wieder als das zu zeigen, was sie in den 30er Jahren war: ein lebendiges, aktuelles und freches Genre. Dass uns dies gemeinsam mit dem Team um Stefan Huber offenbar gelungen ist, freut uns sehr. Dieser Preis ist für uns ein Ansporn, diesen Weg weiterzuverfolgen.“  

Verliebt wie am ersten Tag kommt das Ehepaar Faublas von seiner einjährigen Hochzeitsreise zurück an die Côte d‘Azur. Doch kaum zu Hause wird der frischgebackene Ehemann Aristide (Tobias Bonn) von seiner Vergangenheit in Form eines Telegramms seiner Ex-Geliebten Tangolita (Andromahi Raptis) eingeholt. Er hatte ihr bei der Trennung leichtfertig ein Souper auf dem legendären Ball im Savoy versprochen, das sie nun einfordert – und zwar just an diesem Abend. Er ist zwar ein wenig aus der Übung, aber mit Hilfe seines Freundes, dem türkischen Attaché Mustapha Bei (Andreja Schneider), gelingt es Aristide, seine Frau (Frederike Haas) von den unschuldigen Absichten seines Ballbesuchs zu überzeugen. Glaubt er … „Warum darf er und sie nicht?“

Paul Abraham und seine Librettisten spielen mit eingefahrenen Geschlechterrollen und stellen diese auf den Kopf. Das Cross-Dressing nicht nur bei den Hauptfiguren – neben Andreja Schneider als Mustapha Bei spielt Christoph Marti Madeleines Cousine Daisy –, sondern auch in weiteren Rollen, wirbelt in der Nürnberger Produktion die Klischees vollends durcheinander. Paul Abrahams „Ball im Savoy“ war der dritte große Erfolg in Folge, der den Komponisten zum unbestrittenen Star am Berliner Operettenhimmel machte. Nach „Viktoria und ihr Husar“ und „Die Blume von Hawaii“ versammelte Abraham hier alles, was die Operette seiner Zeit ausmachte. Witz, Ironie, Erotik, Exotik, Nonsens und dazu eine Musik, die vom lasziven Walzer über jazzige Tänze bis zum dadaistischen Duett fast alles aufzubieten hatte. Doch nur wenige Wochen nach der Premiere von „Ball im Savoy“ im Dezember 1932 in Berlin wurde Abraham der Zugang zu den Vorstellungen am Metropoltheater verwehrt. Die Nationalsozialisten waren an die Macht gekommen und hatten für den jüdischen Komponisten keinen Platz mehr im Theater.

Durch ihre radikalen Eingriffe in das Kulturleben wurde nicht nur die Entwicklung des überaus lebendigen Genres Operette jäh und unwiederbringlich abgebrochen, ihre Ästhetik hat auch jahrzehntelang den Blick auf das Genre verstellt. Denn auch nach dem 2. Weltkrieg wurden Jazz-Anklänge aus den Werken verbannt, deckten breite Streicherteppiche jede schräge Note zu, verhinderten große Opernstimmen die Zwischentöne der witzigen Texte. Alles Politische, Freche, Erotische war nach wie vor in den Operetten nicht zu finden, die fortan als altmodisch und verstaubt galten.

Dass dem nicht so ist, haben in den letzten Jahren nicht nur viele Wissenschaftler herausgefunden, sondern auch schon zahlreiche Bühnen unter Beweis gestellt. Das Staatstheater Nürnberg folgt dieser historisch informierten Aufführungspraxis und steht mit dem Team um Stefan Huber und mit der Besetzung der Geschwister Pfister in den Hauptrollen für eine lebendige und aktuelle Operette ein.

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