Danner-Halle Telux-Gelände Weißwasser / Oberlausitz. Foto: Ben Wiesenfarth
Danner-Halle Telux-Gelände Weißwasser / Oberlausitz. Foto: Ben Wiesenfarth

Lebendige Kulturlandschaft Lausitz

In der Lausitz von Cottbus bis Zittau gibt es vom 25. August bis zum 10. September 2023 ein anspruchvolles Festivalprogramm.

Mit einer Premiere und einmaligen Originalproduktion eröffnet das Lausitz Festival spektakulär in einem Hangar auf dem ehemaligen Flugplatz in Cottbus in der Niederlausitz. Nach einer Idee von Daniel Kühnel und Sylvain Cambreling verknüpft der belgische Regisseur Luk Perceval dort Giuseppe Verdis »Quattro pezzi sacri« mit der »Ekklesiastischen Aktion« des Avantgarde-Komponisten Bernd Alois Zimmermann und verkettet gekonnt die berühmte Großinquisitor-Legende aus Fjodor Dostojewskis Roman »Die Brüder Karamasow« mit italienischen Versen Dantes. »Der Reiz an dem Stück ist für mich die Verknüpfung von Denken und Sprechen, aus denen Emotionen entstehen, die zum Handeln führen, zum Singen und letztlich zur Ungewissheit, weil man am Ende nicht weiß, was ist richtig, was ist falsch« sagt Perceval. Es musizieren das Orchester der Dresdner Philharmonie und der Tschechische Philharmonische Chor Brno unter der Leitung von Sylvain Cambreling. Im Anschluss lässt DJ Hell den Hangar mit elektrischen Sounds erbeben.

Auf dem Gelände der ehemaligen Telux-Fabrik in Weißwasser in der Oberlausitz geht es dann in einer Originalproduktion für das Lausitz Festival um Fragen nach Preis und Maß in einer Kammerfassung von William Shakespeares »Der Kaufmann von Venedig« in der Regie von Stefan Pucher, der bereits im vergangenen Jahr mit »Caesar« für große Aufmerksamkeit sorgte.

Ebenfalls in Weißwasser bringen der israelische Komponist Haggai Cohen-Milo und die französische Choreografin Margaux Marielle Tréhoüart mit der Uraufführung »Gletscher« eine Tanzproduktion an den Start, die eigens für die monumentale Danner-Halle entwickelt wurde, in der sich einst eine maschinelle Rohrglasfertigung befand. Die Performance spielt mit Raum-Zeit-Grenzen und nimmt Themen von Geografie und Geschichte des Ortes, der Region und der Menschen der Lausitz in den Blick.

Im Gerhart-Hauptmann-Theater in Zittau in der Oberlausitz feiert dann die Inszenierung nach Stefan Zweigs »Die Welt von Gestern – Erinnerungen eines Europäers« ihre Premiere. Regisseur Yaron David Müller-Zach setzt Sequenzen des Werks musikalisch in Szene und lotet Fragen, was Europa bedeutet, poetisch aus.

Die zwölf Szenen der Kammeroper »Julie« von Philippe Boesmans (2005) basieren auf Strindbergs gesellschaftskritischem Trauerspiel »Fräulein Julie« (1888). Mit einer intimen Besetzung von nicht einmal 20 Orchestermusiker:innen spannt Dirigent Sylvain Cambreling an der Neuen Bühne Senftenberg in der Niederlausitz ein zart changierendes Klangnetz, dem Regisseurin Anna Bergmann einen zeitgenössischen Blick auf Frauenbilder vom 19. Jahrhundert bis heute entgegensetzt.

Die in der sogenannten Reichspogromnacht 1938 beinahe unversehrt gebliebene Synagoge in Görlitz soll mit der Aufführung von Hineni: »Hier bin ich« im Rahmen des Lausitz Festivals dann Ort eines besonderen Konzerts werden. Den eigens für den Abend erstellten Bearbeitungen klassischen israelischen Liedguts werden europäische frühbarocke Choräle auf hebräische Gebetstexte, vor allem von Salomone Rossi, gegenübergestellt.

Mit sechs Premieren und einer Uraufführung behauptet sich das Lausitz Festival in seiner vierten Saison als wichtiger Mitspieler im Kulturleben der Region und verbindet dabei 25 Spielstätten an 13 Orten in der gesamten Lausitz. »Die beeindruckende Dichte an Originalproduktionen, die wir in diesem Jahr haben, wäre ohne die Offenheit der Künstler für neue Ideen und ihre Neugierde, man kann bei manchen sagen Liebe zur Lausitz, nicht möglich«, sagt Daniel Kühnel. Insgesamt 400 lokale und internationale Künstler präsentieren sich in neun Sparten von Konzert, Theater, Tanz, Musiktheater, Jazz, Ausstellung, Gespräch, Literatur bis Film. Herausragende Gäste sind 2023 Luk Perceval, Martha Argerich, Piotr Anderszewski, Maxim Vengerov, Stefan Pucher, Anna Bergmann, Kaushiki Chakraborty, das Jazz-Duo Wollny & Parisien, Michel Camilo, Claudia Michelsen, Fanny Staffa und Christine Hoppe u.a.

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