An der Front getötet wurde auch Rudi Stephan, eine der großen Hoffnungen der deutschen Musik. Von ihm singt Bostridge sechs Gedichte von Gerda von Robertus, die teilweise noch im Krieg entstanden sind. Ihre bald empfindsame, bald stürmische Erotik bringen der Tenor und sein Pianist auf dunkel leuchtende Weise zum Blühen.
Und noch ein drittes verborgenes Juwel fördern sie zutage: Kurt Weills vier Lieder nach Walt Whitman, im Zweiten Weltkrieg entstanden und auf den amerikanischen Bürgerkrieg zurückblickend. Hier steigert sich die Anklage gegen den Krieg zu tragischer Dramatik. Weill hat für Whitmans empfindsame Verse einen ganz eigenen Klang gefunden. Um ihre CD abzurunden, die an das Ende des Krieges im November vor 100 Jahren erinnern soll, wählten Bostridge und Pappano drei der Wunderhorn-Lieder, die Gustav Mahler am Vorabend des Krieges verlorenen Soldaten gewidmet hatte: die unerbittliche, gespenstische „Revelge“, das traurige „Wo die schönen Trompeten blasen“ und der schmerzvolle „Tamboursg’sell“. Das sensibel und schön ausgestattete Album bietet ein bewegendes Erlebnis.
Bernd Feuchtner