"Frau mit Geige" - so sachlich und zugleich selbstironisch lautete der Titel der Autobiografie, die Ida Haendel 1970 herausbrachte. Und natürlich steckte auch die Anspielung auf die Machtverhältnisse darin, an deren Spitze damals noch stärker Männer das Sagen hatten als heute. Dennoch: Ida Haendel, Wunderkind, Schülerin von Carl Flesch und George Enescu, machte Weltkarriere. Und das mit einem weiten Repertoire. Dass sie auch als Lehrerin von David Garrett in die Annalen der Musikgeschichte eingeht, ist eine der vielen Fußnoten, die das ereignisreiche Leben der Geigerin zieren. Ebenso wie ihr Auftritt vor Papst Benedikt XVI. in Auschwitz im Jahr 2006.
Am 30. Juni ist sie im Alter von 91 Jahren in Miami gestorben. 1928 wurde sie in Polen geboren, ihre Familie emigrierte nach London und entkam so dem Massenmord durch die Nazis. Sie hinterlässt eine umfangreiche Diskografie. Ihr voller, edler Ton bleibt im Gedächtnis, ihre uneitle, werkdienliche Grundhaltung ebenfalls.
Vielleicht kommt ein Fernsehsender ja jetzt auf die Idee, die Dokumentation "The Haendel Variations" von Christine Jezior über die Geigerin zu zeigen. Auf Facebook teilte Richard Grunberg, Neffe Ida Haendels, ihren Tod mit. Bis zuletzt hielt sie sich immer einen Hund. Er hieß Decca - wie das britische Label, für das die Geigerin ihre ersten Aufnahmen gemacht hatte.