Eva Reiter. Foto: Kurt Hoerbst
Eva Reiter. Foto: Kurt Hoerbst

Donaueschingens (Unter-)Wassermusik

Künstliche Intelligenz als Konzertkurator spielt ebenso eine Rolle wie Computerspiele. Viele Komponistinnen werden aufgeführt.

Neue Musik erkundet unentwegt neue Ausdrucksformen. Neben den Konzerten mit dem Sinfonieorchester und den großen Ensembles aus Paris, Wien und Hamburg stehen bei den Donaueschinger Musiktagen von 17. bis 20. Oktober 2019 vor allem Formate im Mittelpunkt, die den klassischen Konzertsaal verlassen, als Computerspiel angelegt sind oder im Schwimmbad unter Wasser stattfinden.

Im Eröffnungskonzert bringt Simon Steen-Andersen erstmals alle drei SWR Klangkörper, das Symphonieorchester, das Vokalensemble und die Big Band in Donaueschingen zusammen und konfrontiert sie in seinem Werk "TRIO" in Aufnahmen aus dem Fernseharchiv des SWR mit ihren historischen Vorläufern. Einen ironisch-entlarvenden Blick auf die Geschichte des Orchesters wirft Matthew Shlomowitz während Michael Pelzel mit dem SWR Experimentalstudio den Orchesterklang bis hin zu dessen Auflösung bearbeitet. Mit den Streicherklängen des Ensemble Resonanz befassen sich auf unterschiedliche Weise Nicole Lizée, Gordon Kampe und Mark Andre. Und Alberto Posadas erkundet in seinem abendfüllenden Werk "Poesie des Raumes", wie die Klänge das Erlebnis des Raums gestalten können. Ata Ebtekar (alias Sote) lässt in "Parallel Persia" die Illusion einer künstlichen und hyperrealen persischen Kultur entstehen. Nina Senk, Pierre-Yves Macé, Johannes Boris Borowski und Beat Furrer arbeiten auf unterschiedliche Weise mit der ganz eigenen Klangkultur des Ensemble Intercontemporain. Für die Uraufführungen des Abschlusskonzerts des jordanischen Komponisten Saed Haddad, von Eva Reiter, Lidia Zieliskas und Jürg Frey steht Tito Ceccherini am Pult des SWR Symphonieorchesters.

Die lernende Software "curAltor" von Nick Collins analysiert knapp 100 eingesandte Klavierwerke und wählt daraus drei aus, die schließlich von Joseph Houston im Konzert gespielt werden. Nur eine Unterstützung oder gar Ersatz für den Kurator aus Fleisch und Blut? In der NOWJazz-Session improvisiert das Wiener Duo von Maja Osojnik und Matija Schellander mit elektronischen und analogen Klangquellen, Field Recordings, Beats und dem gesprochenen Wort und trifft auf die experimentelle Videokunst von Billy Roisz. Christian Lillingers "Open Form for Society" ist ein Ensembleprojekt für neun Improvisatoren - mit konzeptuellen und klangästhetischen Einflüssen aus Jazz, Popkultur und Neuer Musik.

Als fester Bestandteil der Donaueschinger Musiktage erobert Klangkunst den öffentlichen Raum der Stadt. Im Museum Art.Plus schafft Angela Bullochs Zeichenapparat Gemälde in Reaktion auf gehörte Musik. Marko Ciciliani lässt in der Alten Hofbibliothek aus einer computerspielartigen Situation heraus eine Geschichte über zwei Pionierinnen der Anatomie im 18. Jahrhundert erzählen und zwei Installationen erobern die Umgebung der Donauhallen. Das Publikum kann im Schwimmbad ein besonders intensives und plastisches Hören unter Wasser erleben oder wird unter dem Titel "Music for Hotel Bars" an die Theke gebeten. In "Thema Musik Live" geht es um das Verhältnis der Orchester zur Neuen Musik und N. Katherine Hayles spricht in ihrer Donaueschinger Lecture als Pionierin des Posthumanen in der Kunst über Formen des Unbewussten.

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