Fünf Tage lang beleuchteten in der vergangenen Woche rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Musikwissenschaft und benachbarten Disziplinen das Phänomen Beethoven im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses in Vorträgen und Diskussionen aus unterschiedlichen Perspektiven. Ermöglicht wurde der Kongress, zu dem 280 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 17 Ländern anreisten, durch die Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Medienpartner war der Deutschlandfunk, der zahlreiche Berichte über den Kongress sendete und ein eigenes Rahmenprogramm mit Talk-Runden und einem Gesprächskonzert beisteuerte.
Unter den biographischen Fragen erwiesen sich insbesondere die jüngsten Forschungen zum Bonner Umfeld des jungen Beethoven als ertragreich, werfen sie doch neues Licht auf die ersten zwei Jahrzehnte seines musikalischen Werdegangs. Großes Interesse weckten darüber hinaus die Referate zu politischen und inter- bzw. transkulturellen Fragen. Kontrovers diskutiert wurde Beethovens eigene politische Haltung. Wie verdeutlicht wurde, lässt sich diese nicht auf die vermeintliche Verehrung Napoleon Bonapartes reduzieren. Vielmehr verhielt Beethoven sich durchaus ambivalent zu ganz unterschiedlichen politischen Kontexten, wie u.a. seine persönliche Nähe zu Mitgliedern der kaiserlichen Familie in Wien belegt. Kritisch hinterfragt wurde auch das Bild eines „globalen Beethoven“, das im Zusammenhang historischer Prozesse wie Kolonisierung und Migration diskutiert wurde. Beethovens globale Wirkung, so eines der Resümees, weist auf der Weltkarte eine ganze Reihe weißer Flecken auf.
Fragen der Werkdeutung, der aufgrund neuer Quellen und veränderter Fragestellungen immer wieder neue Aspekte hinzuzufügen sind, wurden ebenso diskutiert wie der immer noch in vielen Punkten rätselhafte Prozess des Komponierens. Letzterem waren neben einem Hauptsymposium ein eigener Roundtable des Forschungsprojekts „Beethovens Werkstatt“ gewidmet, der einen Seitenblick auch auf drei weitere Komponisten erlaubte. Einen erhellenden Aspekt in der Auseinandersetzung mit Beethovens Schaffen lieferten auch die Beiträge zu dessen Rezeption anderer Komponisten.
Eine Reihe von Begleitveranstaltungen wie Konzerte und Führungen durch die derzeit in Bonn im Rahmen des Jubiläumsjahres gezeigten Ausstellungen rundete das Programm für die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer ab.
Schon während der Kongresstage hatte das Organisationsteam, dem Christine Siegert, Leiterin des Beethoven-Archivs, sowie Christin Heitmann und Jürgen May angehörten, ein durchweg positives Feedback erhalten. So erwies sich der Kongress insgesamt als außerordentlich großer Erfolg. Die Ergebnisse sollen auch über die Dauer der Veranstaltung hinauswirken. In den nächsten Monaten werden die Vorträge zusammengetragen, um sie in gedruckter Form der Fachwelt wie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.