Die Neuerwerbung ergänzt ein Blatt, das sich bereits in der Sammlung befindet, die als größte und vielfältigste Beethoven-Sammlung weltweit gilt. Mit finanzieller Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und der Kulturstiftung der Länder gelang der Ankauf noch vor dem Corona-bedingten Lockdown. Ab dem 16. September ist die Neuerwerbung in der so genannten "Schatzkammer" im Museum in Beethovens Geburtshaus zu sehen. Sie reiht sich dort in die neue Präsentation ein, die anhand von Skizzen, Originalmanuskripten, überprüften Abschriften, Originalausgaben sowie Briefen Beethovens an seine Verleger und zur Erstaufführung die Entstehungsgeschichte des Streichquartetts erläutert.
Vom Auktionshaus war das Blatt als unbekannt angekündigt worden. Ganz und gar unbekannte Blätter sind jedoch sehr selten. Meist wurden die Autographen bereits gesichtet, entziehen sich dann aber wieder dem Blickfeld der Forschung. Auch dieses Blatt war Beethoven-Experten bereits wohlbekannt, seit 1963 jedoch von der Bildfläche verschwunden. Es befand sich davor in der berühmten Autographen-Sammlung des Frankfurter Juweliers Louis Koch. Im Katalog dieser Sammlung, den der bedeutende Beethovenforscher und Autor eines Beethoven-Werkverzeichnisses Georg Kinsky verfasste, wurde es umfassend beschrieben. Der frühere Leiter des Beethoven-Archivs Sieghard Brandenburg ordnete es in seinem bahnbrechenden Aufsatz zu den Quellen zur Entstehungsgeschichte von Beethovens Streichquartett Es-Dur Op. 127 erstmals in seinen richtigen Zusammenhang ein – wohl ohne es gesehen zu haben.
Brandenburg ist auch die Erkenntnis zu verdanken, dass das neuerworbene Skizzenblatt ein anderes Blatt ergänzt, das sich bereits seit 1956 in der Sammlung befindet. Mit dem testamentarischen Legat seiner Sammlung vermachte der Schweizer Arzt Hans Conrad Bodmer damals dem Beethoven-Haus auch ein Skizzenblatt, auf dem sich nicht nur Skizzen zum 4. Satz von Op. 127 befinden, sondern auch solche zum Streichquartett op. 132. Dieses Blatt aus der Bodmer-Sammlung weist eine charakteristische Abrisskante auf, und das neuerworbene Blatt bildet eindeutig das Gegenstück dazu. Zudem trägt das bereits vorhandene Blatt von späterer Hand in der rechten oberen Ecke eine Bleistift-Zählung „2)“. Die entsprechende Zahl „1)“ findet sich von gleicher Hand geschrieben auf der Neuerwerbung. Beide Blätter bilden zusammen ein so genanntes Doppelblatt, zwei zusammenhängende Blätter, die die Hälfte eines Papiergroßbogens darstellen, wie er zur Beethovenzeit üblich war. "Wir erleben hier also eine Art Familienzusammenführung", freut sich Julia Ronge, Kustodin des Beethoven-Hauses. "Nun sind beide Blätter wieder vereint und sollen auch nie wieder getrennt werden."