Für sein Antrittskonzert beim RSB in der Philharmonie Berlin hat Jurowski Werke von Isang Yun, Arnold Schönberg, Luigi Nono und Ludwig van Beethoven ausgewählt.
Isang Yun wurde 1967 vom südkoreanischen Geheimdienst aus seiner Wahlheimat Westberlin entführt und verbrachte zwei Jahre in Gefangenschaft, bevor er nach internationalen Protesten freigelassen wurde und schließlich nach Berlin zurückkehren konnte. Exakt an seinem 100. Geburtstag wird der RSB-Konzertabend von seinen „Dimensionen" für großes Orchester und Orgel eröffnet, ein auf atmosphärischer Unmittelbarkeit beruhendes Werk, in dem westliche und ostasiatische Musiktraditionen miteinander verschmelzen. Die Aufführung ist Teil des Themenschwerpunktes zu Isang Yun, den das Musikfest Berlin in diesem Jahr gewählt hat.
Anschließend spielt Christian Tetzlaff mit dem RSB das selten zu hörende Violinkonzert von Arnold Schönberg, das im US-amerikanischen Exil entstand. Streng zwölftönig komponiert, stellt es mit dem schwierigen Solopart eine enorme Herausforderung für alle Geiger dar. Vladimir Jurowski arbeitet deshalb sehr gerne mit Christian Tetzlaff zusammen, den er als „einen der besten Anwälte der Musik der Zweiten Wiener Schule" bezeichnet.
Nach der Konzertpause erklingt das auskomponierte Zeitdokument „Julius Fučík" von Luigi Nono für zwei Sprecher und Orchester. Es enthält einen Teil aus dem Gestapo-Verhör des tschechischen Journalisten und Kommunisten Julius Fučík sowie ein Zitat aus seinem letzten Brief an die Familie vor seiner Hinrichtung. Sparsame Orchesterfarben liegen unter den erschütternden Texten, die von den Schauspielern Max Hopp als Fučík und Sven Philipp als Offizier vorgetragen werden.
Mit Nonos „Fučík" leitet Vladimir Jurowski direkt auf das Anfangsthema von Beethovens 5. Sinfonie c-Moll hin, die mit den Orchesterretuschen von Gustav Mahler erklingt. Er ermöglicht dem Publikum so, den bekannten Klassiker in einem neuen Zusammenhang zu hören und verleiht der Musik so eine besonders eindrückliche Wirkung.
Seit dem 1. September 2017 ist Vladimir Jurowski der neue Chefdirigent und Künstlerische Leiter des RSB, mit dem er in der ersten Spielzeit vor allem das Schaffen Beethovens und dessen Rezeption und Weiterdenken durch Gustav Mahler und die Komponisten der Zweiten Wiener Schule erkundet. Im Sommer gab er sein erfolgreiches Debüt bei den Salzburger Festspielen mit Alban Bergs „Wozzeck" und in den vergangenen Wochen war er bei den BBC Proms und beim George-Enescu-Festival in Bukarest zu erleben, dessen Künstlerischer Leiter er seit 2017 ist.
Das Konzert wird auf Deutschlandfunk Kultur direkt übertragen.