Aber keine Sorge, transparent heißt bei Suzuki nicht kühl oder gar klinisch. Die emotionalen Botschaften der gigantischen Messvertonung sind in jedem Satz zu spüren: das glühende Flehen im Kyrie, die tröstliche Vision des Heiligen Geistes im Violinsolo des Benedictus, vom Konzertmeister Ryo Terakado ergreifend schlicht gespielt. Aber auch der ohrenbetäubende Jubel im Gloria. Selten erlebt man die umwerfende Energie der Musik so physisch, hört man die schroffen Brüche, die Beethoven da inszeniert, so schonungslos aufeinanderknallen wie hier.
Gerade zu Beginn des Satzes ist die Pauke sehr präsent, bei einer so knackigen, auch von den Blechbläsern scharf artikulierten Instrumentalattacke hat es der Chor schwer durchzukommen, da wünschte man sich kurz, dass Suzuki seine 31 Sänger auf (mindestens) das Doppelte aufgestockt hätte.
Doch andererseits ermöglicht diese Kammerchorgröße eine ganz andere Beweglichkeit als die sonst üblichen Sängermassen. Die mörderische „Et vitam“-Fuge etwa peitscht Suzuki in einem Höllentempo durch. Die vokale Virtuosität ist beeindruckend und verhehlt trotzdem nicht, dass die Musik hier die Grenzen des Menschenmöglichen berührt, dass hier jemand mit dem irdischen Dasein ringt. Da wäre glatte Perfektion ein Missverständnis.
Dies ist nur einer von vielen Höhepunkten der aufregenden Interpretation, in der die vier Solisten anrührende Glanzpunkte setzen, sich aber vor allem organisch ins große Ganze einfügen.
Marcus Stäbler