1. Ein Stück, das Ihnen viel bedeutet, das aber viel zu wenig bekannt ist: Das darf man jemanden, die in der Alten Musik zu Hause ist, nicht fragen, weil die Auswahl so groß ist! Wie wäre es mit garantiert (beinah) unbekannten Namen wie: Joseph Spieß? Er war Bachs Konzertmeister in Köthen. Oder Regina Strinasacchi? Eine damals „international“ gefeierte Geigerin, die für sich Violinkonzerte komponierte, auch Mozart war hingerissen.
2. Ein Stück, das alle/die meisten anders spielen als Sie: Hoffentlich alles, was ich spiele! Was hätte die Geigerei sonst für einen Sinn, wenn alles austauschbar wäre?
3. Ein Stück, das Sie nie wieder spielen wollen (aber früher spielen mussten): Eine zweischneidige Frage. Wenn ich ein Werk in die Pfanne haue, dann bereue ich es hinterher garantiert, weil es sicher an der Interpretation läge, wenn ich mich gelangweilt habe. Natürlich spielt man nicht alles gleich gerne, aber ich darf zum Glück schon seit einer ganzen Weile wirklich wählen, was für Werke ich spielen möchte. Ein Werk kann man natürlich auch abnudeln. Clara Schumann hat das Klavierkonzert von Robert etwa 100 Mal aufgeführt. Ob sie das am Ende noch mit Genuss getan hat, weiß nur sie selbst.
4. Das letzte Musikerlebnis, das Sie umgehauen hat (als Interpret oder als Zuhörer): Manchmal steigen mir bei meinen eigenen Studierenden Tränen in die Augen und ich bin richtig berührt. Nicht, weil es so maßlos vollkommen wäre, aber weil ich spüre, was da in der Entwicklung passiert ist.
5. Ein Stück, das Sie nie verstanden haben: Kann man bei Bach jemals das Gefühl haben, dass man wirklich versteht? Annähern, ja. Immer wieder ein bisschen mehr. Aber es bleibt doch immer ein Rätsel, wie er das hingekriegt hat.