Seine eigentliche Profession war die eines Toningenieurs beim Schweizer Rundfunk, für den er insbesondere Klassik-Konzerte aufnahm. Und weil solche Konzerte meist nicht in Rundfunkstudios, sondern in Konzertsälen ohne akustisch optimierten Regieraum stattfinden, suchte Jecklin nach einem Kopfhörer, der ihm ein naturgetreues Abbild des Aufnahmesignals vermittelte. Weil er aber keinen geeigneten Hörer fand, entwickelte er Anfang der 1970er Jahre selbst einen: den Elektrostaten, der schon bald als „Jecklin Float“ auch in HiFi-Kreisen Aufsehen erregte. Das Besondere daran: Die großflächigen Wandler schweben frei vor den Ohren, ohne sie zu berühren – daher der Name „Float“. Auf diese Weise ähnelt das Klangbild dem von Lautsprechern. Zunächst war Jecklins „Helm“ nur als Einzelstück gedacht, doch wegen der großen Nachfrage wurde er schließlich in Serie gebaut. Eine Neuauflage unter dem Namen „Jecklin Float QA“ wird heute bei der Firma Quad Musikwiedergabe in der Eifel gebaut und ist in deren Online-Shop zum Preis von 1690 Euro erhältlich. Das zugehörige Speisegerät kostet weitere 1690 Euro. Jecklins Urmodell schaffte es sogar ins Museum of Modern Art in New York. Eine zweite Erfindung des Schweizer Tüftlers betraf die Aufnahmetechnik: Bei der „Jecklin-Scheibe“ werden zwei Mikrofone mit Kugelcharakteristik zu beiden Seiten einer schallabsorbierenden Scheibe montiert. Die entstehenden Laufzeitunterschiede zwischen den beiden Mikrofonen entsprechen in etwa den Schallverhältnissen an den menschlichen Ohren.
Später lehrte Jürg Jecklin Beschallung und Klangregie sowie Aufnahmeanalyse an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, und er trug dort zum Aufbau des Tonmeister-Studiums bei. Die Skripte seiner Vorlesungen können unter www.derton.at/tm-downloads heruntergeladen werden. Ein Vortrag über die Geschichte der Tonaufzeichnung, den er 2014 auf dem „Klangschloss“ Greifensee in der Nähe von Zürich gehalten hat, ist als Video auf Youtube abrufbar.
Mit Jürg Jecklin verliert die Audio-Branche einen begnadeten Tonmeister und Akustik-Ingenieur, der in der Aufnahme- wie in der Wiedergabetechnik tiefe Spuren hinterlässt.
