Zugegeben, das unvorteilhafte Porträtfoto auf dem Cover von Nadia Reids Durchbruchalbum „Preservation“ war nicht gerade einladend. Wer sich davon nicht abschrecken ließ, hörte jedoch eine tolle junge Künstlerin, die zu großen Hoffnungen Anlass gab. Auf dem Nachfolger werden diese jetzt aufs Schönste erfüllt. Die Indie-Folk-Sängerin macht hier in ihrer musikalischen Entwicklung einen großen Sprung nach vorne. „Fortschritt ist der Schlüssel für jeden Künstler“, merkt sie dazu an. „Ich möchte mich ständig verändern, Grenzen verschieben, mein Wachstum spüren.“
„Out Of My Province“ handelt dazu passend vom Unterwegssein, im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Die „Roadsongs“ auf dem famosen „Reisealbum“ (O-Ton) verfasste die Neuseeländerin zum Teil auf der letzten Tournee, zum Teil in einer zweiwöchigen Klausur an der Amalfiküste in Italien. Für die Aufnahmen flog sie anschließend mit ihrem Langzeitgitarristen Sam Taylor in die USA, genauer gesagt nach Richmond in Virginia, wo sich die Spacebomb-Studios des gleichnamigen Plattenlabels befinden.
Dort fertigte Reid ganz wunderbare Indie-Folk-Lieder. Die Vorabsingle „Best Thing“, der Bläsersong „High & Lonely“, das von Streichern getragene „Heart To Ride“ und die Gänsehautballade „All Of My Love“ etwa beweisen, dass sie heute genau weiß, wie ihre Musik klingen sollte. Trey Pollard (Foxygen) und Matthew E. White (The Mountain Goats) haben alles auf den Punkt produziert. Sie erschufen großräumige Klangumgebungen, die Reid genügend Platz für ihre hypnotische Stimme und dem Hörer viele Freistellen für seine Assoziationen lassen.
Harald Kepler